NS-Aufklärerin

Anke Spoorendonk will Gesetzesparagrafen reformieren, die aus der NS-Zeit stammen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Einige Passagen im Strafgesetzbuch sind noch immer Ausdruck nationalsozialistischer Strafrechtsideologie. Seit Jahrzehnten blieben sie weitgehend unangetastet. Die schleswig-holsteinische Justizministerin Anke Spoorendonk will dies nun ändern. Über eine Bundesratsinitiative sollen nach dem Willen der SSW-Politikerin aus der NS-Zeit stammende Paragrafen überprüft werden. Dies betrifft etwa jene zu Mord und Totschlag. Laut Spoorendonk war der Präsident des Volksgerichtshofes, Roland Freisler, der mehr als 2600 Menschen zum Tode verurteilte, als Staatssekretär im Reichsjustizministerium federführend an der Ausarbeitung eines entsprechenden Änderungsgesetzes von 1941 beteiligt. Spoorendonk moniert, dass nach einem tätertyporientierten Gesetz geurteilt werde. Dies stehe im Widerspruch zum Geist des Grundgesetzes. Sie spricht sich für einen tatbestandsorientierten Mordbegriff aus, anstatt zu sagen, Mörder ist, wer aus niedrigen Motiven heraus tötet. Die Tätertypenlehre spielt in der juristischen Praxis allerdings keine Rolle mehr. Spoorendonk geht es vor allem um die Formulierung, die geändert werden müsse.

Die 66-Jährige von der Partei der dänischen Minderheit ist selbst keine Juristin. Sie hat Geschichte und Germanistik studiert und als Lehrerin an einer dänischen Schule in Flensburg gearbeitet. Mit der NS-Vergangenheit beschäftigt sich Spoorendonk schon seit ihrer Jugend. In der Nachkriegszeit ging man auch in Schleswig-Holstein mit vielen ehemaligen Nazifunktionären eher milde um. Die Politikerin spricht sogar von einer »zweiten braunen Vergangenheit«, deretwegen offenbar die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte hierzulande erst spät begonnen habe.

Ob Spoorendonk für ihren Vorstoß Unterstützung erhält, wird sich in dieser Woche bei der Herbstkonferenz der Justizminister in Berlin zeigen. Die Initiative soll ein Einstieg sein, um auch andere Rechtsbereiche zu untersuchen. Langfristig sollen nach dem Willen der SSW-Frau alle Paragrafen geändert werden, deren Inhalte auf die NS-Justiz zurückzuführen sind.

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