Dammbruch im Museum

Kulturbüro Sachsen warnt vor NPD-Teilnahme an Dresdner Demografiekonferenz

  • Lesedauer: 3 Min.
Zu einer Demografiekonferenz lud Sachsens Landeszentrale für politische Bildung auch die NPD ein. nd-Mitarbeiter Hendrik Lasch sprach dazu mit Danilo Starosta, Berater beim Kulturbüro Sachsen.

Zur Konferenz »Schneller, höher, älter« am 20. November im Hygienemuseum Dresden ist auch die NPD eingeladen. Ist das okay?
Nein. Veranstaltungen, bei denen die NPD in einen Normalisierungsstand gehoben wird, sehen wir kritisch. Damit wären Antidemokraten im demokratischen Diskurs vertreten und könnten ihre Themen setzen. Die NPD vertritt verbrecherische Überzeugungen. Sie strebt eine völkische Gemeinschaft an, die rassistisch und nach dem Führerprinzip strukturiert ist. Die Landeszentrale sollte sich fragen, ob sie das befördern will.

Ihr Sprecher sagt, man praktiziere, was im Landtag üblich ist.
Das stimmt nicht. CDU, LINKE, SPD, FDP und Grüne haben Absprachen getroffen, wonach es kein gemeinsames Agieren mit der NPD gibt. Dieser Konsensbeschluss lässt sich auch jenseits des Landtags umsetzen. Gäbe es ein Konzept, wonach undemokratische Meinungen dort nicht gefragt sind, könnte man die NPD ausschließen. Urteile besagen, dass solche anlassbezogenen Ausschlussgründe zulässig sind.

Die Landeszentrale beruft sich auf das Prinzip der Überparteilichkeit. Wie verfuhr man damit bis jetzt?
Bisher ist es unserer Kenntnis nach meist gelungen, die NPD von derlei Veranstaltungen fern zu halten. Dass man das jetzt ändert, scheint mir Ausdruck eines Konjunkturproblems. In der Bevölkerung vollzieht sich eine schleichende Normalisierung der NPD, wie in Schneeberg oder Leipzig-Gohlis zu sehen ist. Das scheint auf den parlamentarischen Raum und die politische Bildung auszustrahlen. Wir warnen davor. In derlei Runden ist oft nicht derjenige erfolgreich, der rational und klar argumentiert, sondern, wer populistische Überzeugungsraster am überzeugendsten vertritt.

Eine Entzauberung bleibt aus?
Entzaubert sind eher jene, die Probleme zu lösen hoffen, indem sie alle an einen Tisch holen. Sie vergessen leicht, dass der Einschluss von Menschen immer andere ausschließt. Es gibt gerade unter den Mitarbeitern der NPD Leute, die wegen Körperverletzung verurteilt sind oder Kameradschaften geführt haben. Wer sie zu öffentlichen Veranstaltungen einlädt, grenzt Betroffene rechter Gewalt aus.

Was ist bei einer Demografiekonferenz von der NPD zu erwarten?
Man findet bei ihr Überzeugungen, wonach Modernisierung und Emanzipation die Frau in ihrer »natürlichen Rolle« als Mutter gefährden. Man glaubt an eine »Verschwörung zum Volkstod«, weil die Bevölkerung vermischt und »undeutscher« werde. Auch Ansätze einer rassistischen Bevölkerungspolitik und von Selektion werden vertreten.

Von Demografie ist es nicht weit zum Thema Zuwanderung, dass die NPD gerade sehr offensiv besetzt.
Das wäre ein Thema für eine Veranstaltung, die der Landeszentrale gut zu Gesicht stünde: Was heißt es für Sachsen, wenn sich Zuwandererzahlen erhöhen in einer Welt, die vielen nur Flucht als Ausweg lässt? Dort hätte man auch über Ängste in der Bevölkerung reden müssen. Aber man braucht da keinen, der Überzeugungen von Nationalsozialisten vertritt.

Die Fraktionen im Landtag sind uneins, ob sie am Podium teilnehmen sollen. Was rät das Kulturbüro?
Es gibt Erfahrungen mit Veranstaltungen, die durch Unachtsamkeit, mangelnde Analyse oder Sensibiltät unter Einschluss von Neonazis hätten stattfinden sollen und bei denen es gelungen ist, diese thematisch und inhaltlich zu retten. Dazu können wir Gespräche anbieten. Die große Gefahr ist aus unserer Sicht ja, dass gerade die Landeszentrale zum Türöffner wird und Neonazis bald auch anderswo eingeladen würden.

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