Blick auf die Scholle

Das Stadtteilnetzwerk »Scholle 52« in Potsdam hofft auf eine neue Bleibe in alter Gaststätte

  • Sybille Walter
  • Lesedauer: 3 Min.
Die zu DDR-Zeiten erbaute Gaststätte »Charlottenhof« gehört der Stiftung Preußische Schlösser (SPSG) und Gärten und sollte abgerissen werden. Nun sind die Nachbarn gefragt.

Die Abrisspläne für die ehemalige Gaststätte »Charlottenhof« sind (fast) vom Tisch: Das Stadteilnetzwerk Potsdam-West e.V. möchte das Grundstück in der Potsdamer Geschwister-Scholl-Straße 34 für 33 Jahre von der Stiftung pachten und nach umfassender Sanierung vielfältig nutzen. Das seit 2010 von der Stadt geförderte Projekt genießt im Stadtteil einen guten Ruf: Es organisiert und fördert ganz unterschiedliche Begegnungen, lädt Künstler und Nachbarn zu Gemeinsamkeit ein und ist derzeit in einem ehemaligen Kindergarten in der gleichen Straße untergebracht.

Die »Scholle 51« hat Platz für Büros, es gibt Proberäume für Musiker und Werkstätten für ildende Künstler. Selbst kleine Veranstaltungen können stattfinden. Da das Haus im November 2012 verkauft wurde, ist der Verein seit Beginn dieses Jahres nur noch geduldet und sucht dringend neue Räume. Das Problem: Die sind in Potsdam in der erforderlichen Größe nicht zu finden, denn Musiker und ildende Künstler wollen auch künftig gemeinsam arbeiten, und Platz für die Anwohner muss weiterhin sein.

Das Unterfangen schien aussichtslos, bis Geschäftsführer Daniel Zeller und seine Mitstreiter im Frühsommer auf die ehemalige Gaststätte aufmerksam wurden: Ein Glücksfall, denn das 3000 Quadratmeter große Grundstück wird als Stiftungsbesitz nicht auf dem Immobilienmarkt gehandelt, und die strengen Auflagen, die sich aus der engen Nachbarschaft zu Sanssouci ergeben, schrecken mögliche Investoren durchaus. Und so ist auch die Stiftung interessiert, über das Stadtteilnetzwerk als neuen Nachbarn nachzudenken. »Fast alle Ampeln«, so Daniel Zeller, »stehen auf grün« - auch wenn noch nichts unterschrieben ist.

Was wäre hier möglich? - Attraktives Aushängeschild könnte das künftige Bühnenhaus sein: Der markante Saalbau von 1970 ist mit seinen vier Pylonen, die das Haus überragen und dessen Saal-Decke an Stahlseilen tragen, ein architektonisches Unikat aus DDR-Zeiten: Der stützenfreie Saal ist immerhin 300 Quadratmeter groß und vielfältig nutzbar. Außerdem ist die ehemalige Gaststätte zumindest in Teilen noch vorhanden. Platz wäre für das Stadtteilhaus als Organisationszentrum vielfältiger Nachbarschaftsinitiativen. Es gebe Probenräume und Gemeinschaftsateliers sowie Raum für Beratungsangebote. Eines allerdings wird »Scholle dreivier« - so der der Adresse entlehnte Arbeitstitel - nicht: Veranstaltungszentrum nur für junge Leute, wie es das »freiLand« nahe dem Potsdamer Hauptbahnhof ist. Dem entgegen stünden nicht nur die strengen Nutzungsauflagen wegen der unmittelbaren Nähe zum Weltkulturerbe, sondern vor allem die vielen Menschen, die hier leben: Jugendliche ebenso wie Familien mit kleinen und großen Kindern und viele Senioren.

Und wie weiter nach den Blicken über den Zaun? - Bis Ende des Jahres wird der Stiftung Schlösser und Gärten ein Nutzungskonzept vorliegen, inklusive Raumplanung und Zahlenwerk zur Finanzierung, Ein Pachtvertrag sollte möglichst im 1. Halbjahr 2014 abgeschlossen werden. Und dann gibt es Arbeit, sehr viel Arbeit: Wegen des langen Leerstands und etlicher Betreiberwechsel wird die Sanierung teuer. Es braucht eine gewaltige Anschubfinanzierung und sehr sehr viele Helfer - nicht allein um den verwilderten Garten auf Vordermann zu bringen.

Bilder und Rundgang unter www.stadtteilnetzwerk.de/scholle34.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal