Offerte Tatar

PERSONALIE

Es könnte allmählich ernst werden mit dem Verkauf der Volkswerft in Stralsund: Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann empfing am Donnerstag einen Gast aus dem fernen Russland: Rustam Nurgalijewitsch Minnichanow, seines Zeichens Präsident der autonomen Republik Tatarstan. Erstmals sollte dabei über ein konkretes Kaufangebot verhandelt werden. Als Käufer tritt die staatliche AK-Bars-Holding auf, der in der Wolga-Republik unter anderem ein traditionsreiches Schiffbauunternehmen gehört.

Privat ist Minnichanow, der 2010 vom damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew eingesetzt wurde, nachdem er zuvor zehn Jahre lang tatarischer Premierminister war, eher an schnellen Landfahrzeugen interessiert. Als begeisterter Motorsportler nahm der heute 56-Jährige an mehreren Autocross- und Rallyemeisterschaften teil. Außerdem gewann er zwischen 2002 und 2006 vier Mal die Wüstenrallye in den Vereinten Arabischen Emiraten im Bereich Lastwagen: Sein Siegesgefährt war ein Kamaz - das Stammwerk der bekannten russischen Lkw-Marke steht in der tatarischen Industriestadt Nabereschnyje Tschelny.

Die Erfahrungen im Fahrzeug-, Flugzeug- und Schiffbau, der zweitwichtigsten Branche in Tatarstan nach dem Bergbau, könnten dem Angebot für die Stralsunder Werft Seriosität bescheren. Außerdem hat Minnichanow das bisher lukrativste Angebot im Gepäck: Demnach sollen 600 Mitarbeiter - vor der Insolvenz im August 2012 waren es rund 1200 - übernommen werden, um in Stralsund unter anderem Spezialschiffe für die staatseigene tatarische Reederei zu produzieren. In der Schweriner Landesregierung galt lange Zeit aber ein alter Bekannter als Favorit: der Finanzmagnat Witali Jussufow, der bereits die Nordic-Werften in Wismar und Rostock vor der Pleite bewahrte. Er will aber nur 250 Arbeiter weiter beschäftigen und bot zunächst lediglich einen Euro.

Insofern dürften die Tataren gute Karten haben. Noch im November soll es eine Gläubigerversammlung geben, die dann möglicherweise den Zuschlag gibt.

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