nd-aktuell.de / 15.11.2013 / Politik

Wider die Große Koalition

Aufruf an die sozialdemokratische Partei Deutschlands

Die Große Koalition gilt als kleineres Übel. Es heißt, die SPD-Mitglieder müssen jetzt entscheiden, ob sie lieber 100 Prozent ihrer politischen Ziele nicht durchsetzen oder 50 Prozent durchsetzen wollen. Wer so fragt, hat sich bereits für die Große Koalition entschieden. Und tatsächlich erweckt die Führung der Partei - mit kräftiger medialer Unterstützung - den Eindruck, dass es nur noch darum gehe, 47 oder 51 Prozent des »eigenen Programms« durchzusetzen. Aber darum geht es nicht!

Vielmehr geht es um die Frage, ob sich die SPD in einer Regierung mit CDU und CSU weiter marginalisieren und für ein »Weiter so!« einspannen lässt, oder ob sie eine politische Alternative nicht nur behaupten, sondern für diese auch einstehen will.

Die SPD will zukunftsfähig sein, bestärkt aber die Konzepte einer vergangenen Politikepoche.

Die SPD könnte in anderen Bündnissen grundsätzliche Änderungen erreichen, tritt aber freiwillig in die zweite Reihe.

Die SPD wandelt sich durch Annäherung an die CDU/CSU zur Gesichtslosigkeit, statt selbst Wandel durch Annäherung zu bewirken.

Die SPD verschenkt den Führungsanspruch - und sei es in der Opposition gegen eine CDU/CSU-Minderheitsregierung - für eine warme Mahlzeit: Jedes Ergebnis der Koalitionsverhandlungen steht unter Finanzierungsvorbehalt, nur die Ministerposten sind sicher.

Eine Große Koalition stellt keine unterschiedlichen Konzepte zur Wahl, sie stellt die Kaste der Politiker den Wählern gegenüber. So verhindert die SPD jetzt und in nächster Zukunft ein Bündnis linker und alternativer Parteien und Bewegungen. Wieder wird die Mehrheit links von der Mitte nicht genutzt.

Die Große Koalition schwächt nicht nur die demokratische Debatte und damit das Vertrauen in die Korrigierbarkeit und Offenheit demokratischer Prozesse, sie lässt auch den Wunsch der Mehrheit nach einer politischen Alternative ohne Adresse und ohne Antwort. Wenn der SPD die Courage fehlt, die Führung zu übernehmen, sollte sie in die Opposition gehen und sich von Grund auf erneuern.

Erstunterzeichner

Silvia Bovenschen
HG. Butzko
Daniela Dahn
Manfred Domrös
Christian Dunker
Stefan Hanitzsch
Dieter Hanitzsch
Sibylle Havemann
Inga Humpe
Annette Humpe
Marc Iven
Kirsten Klöckner
Maren Kroymann
Vera von Lehndorff
Juliane Lorenz
Manfred Maurenbrecher
Oskar Negt
Susan Neiman
Christian Nürnberger
Tim Renner
Elisabeth Ruge
Michael Schneider
Friedrich Schorlemmer
Daniel Schreiber
Ingo Schulze
Hanna Schygulla
Christoph Sieber
Walter Sittler
Antje Vollmer
Konstantin Wecker
Hans-Eckardt Wenzel
Roger Willemsen