Deutsche Exporte

INTERNATIONALE PRESSE

  • Lesedauer: 3 Min.

La Croix, Frankreich
Es fehlen die Importe

Das Problem ist nicht so sehr der deutsche Exportüberschuss, problematisch sind vielmehr die geringen Importe. Deutschland produziert viel und verbraucht wenig, was zur wirtschaftlichen Stagnation der Eurozone beiträgt. EU-Währungskommissar Olli Rehn empfiehlt daher einen positiven Kreislauf: Eine Ankurbelung des Konsums in Deutschland, beispielsweise über eine beständige Erhöhung von Löhnen und Gehältern, würde den Wirtschaftsaufschwung in der übrigen Eurozone begünstigen, da die Partnerländer mehr nach Deutschland exportieren könnten.

Le Soir, Belgien
Unangetastete Mythen

Kein Anzeichen davon, dass Deutschlands Strategie in Frage gestellt wird, welche auf der Sanierung der öffentlichen Haushalte und auf Strukturreformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaften beruht. Auch die Mythen, auf denen diese Strategie basiert, bleiben unangetastet, insbesondere das Märchen vom deutschen Wirtschaftsaufschwung, das die historische Realität bewusst außen vor lässt. Denn die deutschen »Strukturreformen« - über deren Bedeutung für die bundesrepublikanische Wettbewerbsfähigkeit keine Einigkeit herrscht - wurden in den Jahren vor der 2008 einsetzenden Krise in einem völlig anderen Kontext mit starkem Wachstum in Europa und der übrigen Welt und nicht zuletzt unter Nichteinhaltung der Haushaltskriterien durchgeführt.

Les Echos, Frankreich
Eher ein globales Problem

Die EU-Kommission will mit einer tiefgreifenden Prüfung der wirtschaftlichen Situation Deutschlands beginnen, so wie sie es üblicherweise mit den in Not geratenen Volkswirtschaften tut. Deutschland ist im Gegensatz zu diesen eine Volkswirtschaft in Topform, mit sehr wettbewerbsfähigen Unternehmen und einem großen Exportüberschuss, der seit Jahren bei mehr als sechs Prozent seines BIP liegt. Genau deshalb will Brüssel eingreifen. Die Verluste der einen sind die Gewinne der anderen. Man kann von Südeuropa nicht verlangen, seine Defizite zu verringern, wenn der Norden seine Überschüsse nicht reduziert. Deutschlands Überschüsse sind aber eher ein weltweites als ein europäisches Problem. Das Land macht nur ein Viertel seines Überschusses mit den Ländern der Euro-Zone.

Jutarnjilist, Kroatien
Buhmann Deutschland

Die Mitgliedstaaten wurden aus Brüssel des öfteren wegen Überschuldung oder wegen einer zu schwachen Konjunktur abgemahnt, aber noch nie, weil sie zu erfolgreich produzieren und exportieren. Dadurch wurde der anhaltende deutsche Export- und Haushaltsüberschuss als etwas Kontraproduktives, ja fast als etwas Verwerfliches dargestellt und das Land zu einem Buhmann stilisiert.

La Stampa, Italien
Tadel auch für die Starken

Das wenige an gemeinsamer Regierung, das nötig ist, um die Eurozone zusammenzuhalten, verwirklicht sich genau so: auch die stärksten Länder zu tadeln, und nicht nur - weil es einfach ist - die Schwächeren. Der deutsche Erfolg in der Exportindustrie ist verdienstvoll. Aber dadurch hat sich riesiges Kapital in wenigen Händen angehäuft, das nicht im Land investiert wird, auch weil der Dienstleistungssektor starr und ineffizient ist.

Ependytis, Griechenland
Versöhnung mit dem Monster

Die heutige Euro-Zone ist ein Monster, das die europäischen Gesellschaften gefangen hält. Zum ersten Mal in der Geschichte der Euro-Zone fragen sich die Mitgliedsländer, ob es sich überhaupt lohnt, Mitglied zu sein. Die EU-Führer versuchen das Dilemma zu umgehen und durch ein anderes zu ersetzen: »Werdet ihr die Kosten einer Demontage dieses Monsters tragen können?« Es ist wahr, dass die Folgen eines Zerfalls der Euro-Zone unabsehbar sind. Wenn Plan B wegen dieses Risikos abgelehnt wird, kommt eben ein Plan C: Da wir das Monster nicht loswerden, sollten wir uns halt mit ihm versöhnen.

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