nd-aktuell.de / 16.11.2013 / Politik / Seite 1

Protest gegen Anschlag auf Jüdisches Zentrum in Pinneberg

500 Menschen gehen gegen Antisemitismus auf die Sraße / Demonstrationszug nach Streit um Flüchtlingsplitik des Senats in Hamburg geteilt

Pinneberg. Rund 500 Menschen haben am Freitagabend in Pinneberg bei Hamburg gegen den Anschlag auf das Jüdische Zentrum der Stadt demonstriert. Unbekannte Täter hatten in der Nacht auf den 10. November versucht, in die Gemeinderäume einzudringen, waren aber am Sicherheitsglas der Eingangstür gescheitert.

Allerdings kam es gleich zu Beginn der Demo zu Spannungen, als linke Gruppen mit Hinweis auf die Flüchtlingspolitik des Hamburger Senats lautstarke Kritik an der SPD äußerten. Mitglieder der Jüdischen Gemeinde teilten daraufhin den Demonstrationszug.

Der Anschlag, so Wolfgang Seibert, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, sollte die Gemeinde verängstigen. Stattdessen werde aber die Gegenwehr nur stärker. Es sei falsch, Nazis mit Ratten zu vergleichen, denn Ratten seien intelligent und zeigten Sozialverhalten. Seibert kritisierte die Flüchtlingspolitik des Senats. Aufgrund seiner Vergangenheit habe Deutschland eine besondere Verantwortung für Flüchtlinge.

Walter Blender, Vorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinde, sieht in dem Anschlag auch einen Angriff auf die Demokratie. Es sei bei dem Protest wichtig, Gesicht zu zeigen und demokratische Spielregeln einzuhalten. Der evangelische Pastor Friedemann Magaard erinnerte daran, dass viele Christen in der Pogromnacht vor 75 Jahren geschwiegen hätten. Dies sei heute anders. Zu den Teilnehmern zählte auch Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg (parteilos).

Vertreter aus Kirche und Politik hatten den Anschlag bereits zuvor kritisiert. Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) hatte den Tatort am Dienstag besucht. Die Staatsanwaltschaft hat für die Ergreifung der Täter inzwischen eine Belohnung von 1.500 Euro, ein Mitglied der jüdischen Gemeinde weitere 1.000 Euro ausgesetzt. Der Staatsschutz ermittelt.

Die Tat fiel auf den Jahrestag der Pogromnacht der Nazis vor 75 Jahren. In der Nacht zum 10. November 1938 brannten in Deutschland die Synagogen. Geschäfte jüdischer Mitbürger wurden von SA und SS geplündert und zerstört, ihre Inhaber misshandelt und ermordet. epd/nd