»Unser Zirkus war echt«

Trio-Drummer Peter Behrens über Lebensgipfel und -täler, ein finanzielles Desaster und das Nichtstun

  • Lesedauer: 5 Min.
Rote Hosenträger, weißes T-Shirt, dunkle Haartolle – so wurde Peter Behrens bekannt, als er hinterm Schlagzeug der NDW-Band Trio stand. Fast 30 Jahre nach der Auflösung scheint vom Star aus »Da Da Da« nur der schläfrige Blick geblieben zu sein. Jetzt hat der Norddeutsche seine Biografie »Der Clown mit der Trommel« (Schwarzkopf & Schwarzkopf, 320 S., geb., 19,95 €) veröffentlicht. Jan Freitag traf Behrens zum Interview.

nd: Peter Behrens, ehrlich, wie geht es Ihnen?
Peter Behrens: Jetzt wieder wunderbar.

Das war nicht immer so.
Ich war ganz unten und zwar eine ganze Weile. Bis mich ein Lehrer aus Soests - Klaus Marschall - fragte, ob ich meine großartige Vergangenheit nicht erzählen wollte. Er hat das dann aufgeschrieben, denn obwohl ich Germanistik studiert habe, liegt mir das nicht so. Er schreibt, ich denke.

War das eine Art Therapie?
Ja. Ich hab bis dahin ständig mit dem Schicksal gehadert. Mit Trio ging es ja immer irgendwie weiter, aber nach deren Ende kam ein Absturz, an dem ich mit mir nicht mehr zurechtkam. Da war dieses Buch wie eine Reparatur an meinen Computer da oben; plötzlich funktionierte die Maschine wieder und ich erinnerte mich besser an meine Sauerkraut-Rock’n’Roll-Phase.

War Ihr Leben eine Achterbahnfahrt oder eher ein steiler Anstieg mit anschließender Talsohle?
Letzteres. Als Kralle und Stephan per Annonce einen Schlagzeuger suchten, da wusste ich, dass geht jetzt nach oben, da muss ich dranbleiben. Danach bin ich in ein langes tiefes Tal geraten, von dessen Mitte aus betrachtet die Berge immer unerreichbarer wurden.

Der Berg war Trio?
Das war der Mount Everest meines Lebens. Ist er bis heute. Deshalb haben wir uns alle, egal wie schlecht es mir selbst ging, auch immer gegen all die Angebote entschieden, Trio wiederzubeleben. Wir haben Geschichte geschrieben, von den Texten übers Entertainment bis hin zum Minimalismus, und ein Denkmal sollte man nicht anpinkeln.

Zumindest nicht durch die Mehrzweckhallen der Provinz schleifen, was so ein Revival unweigerlich mit sich brächte.
Stimmt. Wir wollten ja mal Underground sein.

Bis es in die Charts ging und zu Dieter Thomas Heck.
Nein, selbst da noch. So sehr, wie wir von unserem eigenen Erfolg überrascht waren, waren es ja auch die Durchschnittshörer der Hitparade, die plötzlich Spaß an unserer Art Musik gefunden haben. Das konnte keiner der Beteiligten so richtig fassen.

Hat Sie der Erfolg abgeschreckt?
Eher verunsichert. Anfangs fand ich die Streicheleinheiten, auf der Straße erkannt zu werden, noch ganz schön. Mit der Zeit wurde das aber zu viel. Und mit unserem letzten Hit »Turaluraluralu« war die Grenze auch musikalisch überschritten. Das war Remmlers Ding, aber Kralle und ich dachten, so einen Kack spielen wir nicht.

Sie reden Stephan Remmler auch in der Biografie meist mit Nachnamen an. Spricht das für ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem früheren Sänger?
Gar nicht, wir sind im Guten auseinander gegangen und verstehen uns bis heute. Die Trennung lag wohl eher am verflixten siebten Jahr. Ein paar mehr davon hätte es schon noch weitergehen können. Aber Remmler wollte eher Richtung Schlager, Kralle zurück zum Rock, da stand ich zwischen den Stühlen. Nach dem Film ging’s dann langsam zu Ende.

Dominik Grafs »Drei gegen Drei«, ein finanzielles Desaster.
Wir wollten nach einem Jahr Trennung zu viel auf einmal. Weil ich dreimal betrunken Auto gefahren bin, musste ich damals fünf Monate und acht Tage Haft in der Nähe von Stuttgart absitzen, im offenen Vollzug zwar, weshalb ich den Film mitmachen konnte, aber das Schlagzeug fürs neue Album hat mein Kollege Curt Cress eingetöppelt, was nicht richtig funktioniert hat. Auch deshalb waren Platte und Film riesige Flops. Das hat uns das Genick gebrochen.

War Trio ein Kunstprodukt oder ein natürliches Ganzes dreier Teile?
Eher letzteres. Jeder hatte seine Rolle: Kralle das Landei, Stephan der Dandy, ich der Clown. Aber das war nicht aufgesetzt. Unser Zirkus war echt. Während meiner einjährigen Ausbildung auf der Artistenschule in Mailand hatte ich zuvor ja gemerkt, dass der stille Clown genau mein Ding ist; darauf gründet der Minimalismus von Trio. Aber dieses Ruhige, Zurückhaltende …

... fast Stoische ...
… das entspricht schon meinem Naturell. Ich musste mich überhaupt nicht groß verstellen. Alles kam aus mir selbst, sowohl die Show als auch die Musik.

Machen Sie noch welche?
Nicht wirklich. Manchmal werd ich gefragt, ob ich als Schlagzeuger live irgendwo einspringen kann, man verlernt das ja nicht.

Fehlt Ihnen da was?
Nein.

Warum nicht?
Ach, Wilhelmshaven ist ja nun keine Musikhochburg, wo sich Musik ständig aufdrängt.

Sie leben dort, wo Sie eigentlich schon immer waren. Weil Sie so bodenständig sind?
Nein, weil es sich so ergeben hat. Wenn das mit dem Buch klappt, würde ich gern mal wieder eine Weile in Hamburg leben. Oder noch besser: in Wien. Da haben wir noch einen Fanclub, der mich ein, zwei Mal im Jahr einlädt. Außerdem ist die Stadt großartig.

Und was machen Sie dann da?
Nix.

Wie nix?
Na nix. Bisschen was mit Freunden machen, macht mich schon zufrieden. Ich bin Rentner. Und ich vermisse auch nichts von früher. Schon gar nicht den Stress.

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