Brüsseler Drohnengeschwader im Anflug

EU-Mitgliedsländer wollen auf dem Weg zur Militärunion die Zusammenarbeit im Rüstungsbereich ausbauen

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Verteidigungsminister einer Reihe von EU-Staaten haben in Brüssel die Weichen für gemeinsame Rüstungsprojekte gestellt.

Am 19. und 20. Dezember steht erstmals die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union auf der Tagesordnung eines EU-Gipfels der Staats- und Regierungschefs aus den 28 Mitgliedsstaaten. »Wir haben immer weniger für die Verteidigung ausgegeben, aber die Welt ist dadurch nicht sicherer geworden«, gab EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Ausgangsthese vor. Schon im Sommer hatte die Brüsseler Kommission in einem 20 Seiten langen Papier über die mangelnde Effizienz in diesem Sektor geklagt. Und auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verband in ihrer Vorlage für die im September in Vilnius tagenden Verteidigungsminister die Warnung vor einem schwindenden politischen Einfluss der Union mit der Forderung nach stärkeren militärischen Fähigkeiten - selbst »wenn unsere Bürger keine direkte militärische Bedrohung sehen«. Dass man dabei auch die Rüstungsindustrie in der Union im Auge hat, verschweigt Brüssel erst gar nicht. 96 Milliarden Euro setzte die Branche mit ihren rund 400 000 Arbeitsplätzen laut EU-Kommission im Vorjahr um.

Nun haben die Verteidigungsminister diverser EU-Staaten u.a. beschlossen, die gemeinsame Entwicklung von unbemannten Flugzeugen voranzutreiben und die Anschaffung von Tankflugzeugen zu prüfen. Von letzteren gibt es zur Zeit in der EU nur 42, noch dazu von neun verschiedenen Herstellern. Die USA etwa verfügen über 550 Tankflugzeuge. Belgien, Frankreich, Griechenland, Spanien, Ungarn, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Portugal und Norwegen als Nichtmitglied hätten sich zusammengetan, um das zu ändern, so der Direktor der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA), Peter Round. Bis auf Dänemark gehören ihr alle EU-Staaten an. Mitte nächsten Jahres werde man entscheiden, welches Flugzeug den Anforderungen am besten entspreche.

Frankreich, Griechenland, Spanien, Italien, Niederlande, Polen und auch Deutschland nach der Eurohawk-Pleite wiederum streben nach militärisch einsetzbaren Drohnen für Operationen wie in Libyen und Mali oder zur Überwachung von Flüchtlingsbooten im Mittelmeer. Was die Wartung, Ausbildung und Einführung einheitlicher Zulassungsbestimmungen im zivilen Luftraum einschließen soll. Bislang ist der Markt in der Hand von Rüstungsfirmen aus den USA und Israel. Die drei europäischen Waffenschmieden Dassault, EADS und Finmeccanica hatten Brüssel deshalb aufgefordert, endlich eigene Mittel- und Langstreckendrohnen entwickeln zu lassen.

Die linke Europaabgeordnte Sabine Lösing, beklagte, dass selbst zivile Budgets für Rüstungsprojekte zweckentfremdet würden. So solle auch ein Teil des Satellitensystems Galileo für Militär und Geheimdienste zur Verfügung stehen, um die Streitkräfte vom GPS-System der USA unabhängig und die EU zum militärischen »Global Player« zu machen. EU-Haushaltsmittel müssten aber den Menschen zugutekommen und nicht in die Kassen von Rüstungskonzernen fließen. In Vilnius konnten sich die Verteidigungsminister noch nicht wie geplant auf eine gemeinsame Erklärung über die künftige Zusammenarbeit einigen. Die jüngsten Beschlüsse sind deshalb wichtige Argumente für alle, die eine Militärunion anstreben. Der Dezember-Gipfel soll sie nun aufgreifen.

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