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Eine Frage der Beziehung

Jürgen Amendt zur Frage, was einen guten Unterricht ausmacht.

  • Lesedauer: 2 Min.

Seit der Veröffentlichung der ersten PISA-Studie vor mehr als zehn Jahren unterliegt der Schulunterricht in Deutschland permanenter Reformen: Die Schulzeiten wurden verkürzt, die Lernmethoden verändert, der Frontalunterricht in Frage gestellt. Von links wurden kleinere Klassengrößen, mehr individuelle Förderung und mehr Geld für die Bildung gefordert, von recht mehr Leistung, Disziplin, Auslese.

Seit zehn Jahren wird über den Königsweg gestritten, um aus dem PISA-Jammertal herauszukommen. Alle Argumente Für und Wider einschneidender Reformen - etwa eines jahrgangsübergreifenden Unterrichts oder der Abschaffung von Ziffernnoten - könnten unter Umständen Makulatur sein. Jedenfalls legen diesen Schluss die Ergebnisse einer Studie des neuseeländischen Bildungsforschers John Hattie nahe. Hattie hatte in einer Studie mit mehr als 800 Metaanalysen, die wiederum 50 000 Einzelstudien mit weltweit 250 Millionen Schülern zusammenfassen, untersucht, was guten Unterricht ausmacht.

Das Ergebnis lässt sich kurz so beschreiben: Weder Klassengröße, die Menge des eingesetzten Geldes oder die Unterrichtsorganisation sind entscheidend; für den Lernerfolg ist die Persönlichkeit des Lehrers, der Lehrerin, die Beziehung zwischen den Pädagogen und ihren Schülern, ausschlaggebend. Lehrkräfte, denen es gelingt, ein positives Lernklima in ihrer Klasse herzustellen, die einen Kontakt zu ihren Schülern pflegen, der über die Wissensvermittlung hinaus geht, erzielen deutlich bessere Leistungsergebnisse bei ihren Schülerinnen und Schülern - und eben unabhängig davon, ob sie den klassischen Frontalunterricht pflegen oder in Freiarbeit lernen lassen.

Die Studie Hatties verweist auf einen Kardinalfehler hiesiger Bildungsreformen: Zwar wurde an der Didaktik gefeilt, wurden neue Lehrpläne eingeführt und Schulgesetze geändert, die Lehrerbildung aber blieb weitgehend unangetastet. Die persönliche Eignung von Bewerbern für ein Lehrerstudium spielt beim Zugang zu dieser Ausbildung nach wie vor keine Rolle.

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