Caritas bietet Flüchtlingen Heim an

Zeltbewohner vom Oranienplatz könnten für den Winter in Seniorenfreizeitstätte unterkommen

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Plan von Senator Mario Czaja, die Flüchtlinge vom Oranienplatz in einem Friedrichshainer Hostel unterzubringen, ist offenbar geplatzt. Jetzt bringt die Caritas ein Objekt in Wedding ins Gespräch.

Für die protestierenden Flüchtlinge vom Kreuzberger Oranienplatz zeichnet sich eine Lösung für eine Winterunterkunft jenseits des Zeltlagers im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ab. Der Caritasverband stellt ihnen in der Weddinger Residenzstraße ein früheres Seniorenheim zur Verfügung. »Der Senat hat uns gebeten, eine Notunterkunft für die Menschen zu besorgen, die seit mehr als einem Jahr unter freiem Himmel campieren«, sagt Caritas-Sprecher Thomas Gleißner. »Wir sehen uns da in der Pflicht und arbeiten an einer Lösung.«

Am Freitag fand die Abnahme des Gebäudes durch die Feuerwehr statt, diese verlief erfolgreich. »Die Flüchtlinge können das Haus besichtigen und einziehen«, sagt Gleißner. Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), zeigte sich am Freitagnachmittag über die mögliche Lösung zufrieden. »Das freut mich sehr«, sagte sie gegenüber »neues deutschland«. Wenn die Flüchtlinge wollen, können sie einziehen.

Noch am Donnerstag hatte Franciska Obermeyer, Sprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU), erklärt, die Verhandlungen zu dem Hostel im Friedrichshain, das seit drei Wochen für die Flüchtlinge vom Oranienplatz im Gespräch war, seien »immer noch nicht abgeschlossen«, so dass der Senat zusammen mit der Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg auch alternative Objekte prüfe. Wie »nd« aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr, sollen sich die Verhandlungen allerdings nicht nur hinziehen, sondern geplatzt sein. »Der Besitzer der Immobilie hat sein Angebot zurückgezogen«, sagt ein Insider, der nicht öffentlich genannt werden will. Eine amtliche Bestätigung dafür gab es nicht.

Die rund 60 afrikanischen Flüchtlinge vom Oranienplatz waren überwiegend über die Mittelmeerinsel Lampedusa nach Europa gekommen und hatten zuerst in Italien ihr Asylbegehren vorgetragen. Nach Angaben des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes sind darunter auch Afrikaner, die in Italien zwar Asyl erhalten haben, aber nicht versorgt werden. Jesuitenpater Ludger Hillebrand: »Eine Versorgung von Flüchtlingen ist in Italien leider nur sechs Monate lang üblich. Danach haben sie zwar ein Aufenthaltsrecht, werden aber obdachlos ausgesetzt. Sie müssten halbjährlich nach Italien reisen, um dort ihren Aufenthaltstitel zu verlängern. Aber vielen fehlt dazu schlicht das Geld.« Zwei Flüchtlinge vom Oranienplatz hat Hillebrand bereits in der Abschiebehaft betreuen müssen, weil sie abgeschoben wurden. Der Jesuitenpater hält das nicht nur für inhuman, sondern auch für absurd. »Das sind alles kräftige Männer, die arbeiten wollen. Sie haben die Wüste überlebt, das Mittelmeer und einen deutschen Winter im Zelt. Einige haben in Afrika sogar mit deutschen Entwicklungshilfegeldern handwerkliche Ausbildungen absolviert. Die wollen nicht nur arbeiten, sie können es auch.«

Bashir Zakariyar, einer der betroffenen Flüchtlinge, sagt, er und seine Mitprotestierer wüssten zwar, dass ihnen ein neues Gebäude angeboten werde. »Wir haben es aber noch nicht gesehen. Wir werden es uns ansehen und dann entscheiden, ob wir umziehen.« Der Senat hat großes Interesse daran, dass die Flüchtlinge ihre Zelte abbrechen. Die hatten sich auch dazu bereiterklärt, wenn sie in ein festes Haus umziehen könnten. Bisher hat ein Angebot gefehlt. Viele der 60 Flüchtlinge sehen sich aber auch nicht in der Lage, einen zweiten Winter unter freiem Himmel zu campieren. Anders als in Berlin angemeldete Asylbewerber erhalten die Lampedusa-Flüchtlinge keine Sozialleistungen. Für ihre Verpflegung sind sie auf Spenden angewiesen. Oft herrscht allerdings auch Hunger auf dem Oranienplatz.

Die Unterkunft will der Sozialsenat mit Geldern aus der Kältehilfe bezahlen, allerdings nur befristet bis März.

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