nd-aktuell.de / 26.11.2013 / Politik / Seite 4

Kühn nach Kairo

Hamed Abdel-Samad, deutsch-ägyptischer Autor, wird vermisst

Roland Etzel

Die Idee von Hamed Abdel-Samad, sich nach Ägypten zu begeben, war mutig, wenn nicht tollkühn. Er wollte in Kairo offenbar für ein neues Buch werben, das mit dem Attribut »islamkritisch« wohl noch sehr milde umschrieben ist. Es ist fast wie der Versuch, in einer islamischen Metropole eine Ausstellung dänischer Mohammed-Karikaturen veranstalten zu wollen. Nun ist Abdel-Samad möglicherweise entführt worden. Jedenfalls geht die ägyptische Polizei davon aus. Ein Beamter soll dies gegenüber der deutschen Botschaft erklärt haben, denn Abdel-Samad ist auch deutscher Staatsbürger.

Geboren wurde er 1972 in einem Dorf nahe Kairo. Sein Vater war Vorbeter in einer Moschee, er selbst der Religion wohl durchaus auch sehr zugetan, zunächst. Wann etwa und wie sich das änderte, beschreibt er in seinem autobiografischen Roman »Mein Abschied vom Himmel«. Dazu muss gesagt werden, dass ein Abfall vom quasi ererbten Glauben im muslimischen Umfeld nicht schulterzuckend hingenommen wird, wie hierzulande etwa das Bekenntnis eines bisherigen Christen zum Atheismus. In welcher Weise Abdel-Samads persönliches Trauma - er gibt an, einmal im kindlichen Alter und später erneut als Jugendlicher in Kairo vergewaltigt worden zu sein - seinen politischen Werdegang beeinflusste, bleibt in diesem Roman aber im Dunkeln.

Vieles änderte sich jedenfalls mit seinem Leben in Deutschland, wo er als 23-Jähriger ankam, um in Augsburg Politik zu studieren. Seitdem, so äußert er selbst, sei er vom »latenten Antisemiten und Westenskeptiker« zum »Islamkritiker« geworden; Islamspötter wäre angesichts seiner Fernsehauftritte sicher auch nicht falsch. Strenggläubige Muslime treten Konvertiten weg von ihrer Religion allerdings mit wenig Toleranz gegenüber; zumal dann nicht, wenn man wie er noch ein Buch mit dem Titel »Der Untergang der islamischen Welt« nachschiebt. Ein Werk, das schonungslos mit dem Islam abrechnet, in Kairo zu bewerben, war ein verwegener, man hofft für Abdel-Samad, ein nicht zu verwegener Gedanke.