Investitionen in der Warteschleife

Grundstücksgeschäfte liegen auf Eis, weil das Abgeordnetenhaus darüber mitbestimmen will

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Finanzsenator stoppt Grundstücksgeschäfte. Die Wirtschaftssenatorin ist empört, die Opposition moniert Unprofessionalität.

Die neue Liegenschaftspolitik der Senatskoalition sorgt gerade für einige Turbulenzen unter den beteiligten Senatsverwaltungen, und auch die Parlamentarier sind sauer. Denn Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hat entscheidungsreife Grundstücksgeschäfte gestoppt. Selbst vereinbarte Notartermine zum Verkauf landeseigener Liegenschaften wurden kurzfristig abgesagt.

Hintergrund ist die vom Abgeordnetenhaus beschlossene Änderung der Landeshaushaltsordnung, die am 17. November in Kraft getreten ist. Darin hat sich der Hauptausschuss des Parlaments ausbedungen, über alle Grundstücksverkäufe informiert zu werden. Innerhalb von vier Wochen kann er dann entscheiden, welche Transaktionen er sich genauer ansehen will. Bisher kontrollierte das Parlament nur solche ab einem Wert von drei Millionen Euro. Jetzt nimmt es sich alle Vermögensgeschäfte vor. Damit soll sichergestellt werden, dass sie nicht wie in vergangenen Jahren automatisch an den Meistbietenden gehen, sondern gegebenenfalls für Schulen, Kitas, oder andere soziale Zwecke in Reserve gehalten oder günstiger verkauft werden.

Besonders CDU-Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer empörte sich über das Vorgehen des Finanzsenators und sprach von einem »falschen Signal an die Berliner Wirtschaft«. Ihre Verwaltung habe bereits in 49 Fällen ein positives Votum zur Grundstücksvergabe abgegeben, ein Investitionsvolumen von 100 Millionen Euro hinge in der Warteschleife. Ihr Kollege wolle wohl die Verkäufe verzögern, um im nächsten Jahr die erhöhte Grunderwerbssteuer kassieren zu können, argwöhnte sie. »Völlig abwegig«, nennt das Nußbaums Sprecher Jens Metzger. Alle mit dem Thema Liegenschaften befassten Verwaltungen seien an die neuen rechtlichen Vorgaben gebunden.

»Nußbaum handelt formal korrekt, aber die Folgen sind bei Wirtschaftsansiedlungen natürlich nicht wünschenswert«, so der Haushaltsexperte der Linksfraktion, Steffen Zillich. Das Ganze sei Ergebnis eines hektischen Verfahrens, weil die neue Haushaltsordnung zusammen mit dem Betriebegesetz noch bis zum Wasser-Volksentscheid durchs Parlament gedrückt werden sollte. Er kritisiert es als »total unprofessionelles Vorgehen«, dass sich Senat und die Koalitionsfraktionen nicht über Risiken und Nebenwirkungen ihres Vorgehens abstimmten.

Auch Nußbaum beklagt, dass die neue Landeshaushaltsordnung »ohne Übergangsregelung« in Kraft getreten ist. Um Verkäufe nicht zu verzögern, soll der Liegenschaftsfonds bei aktuell beurkundungsreifen Geschäften Notartermine ansetzen und den Zustimmungsvorbehalt des Hauptausschusses in die Verträge mit aufnehmen. Parallel dazu will die Finanzverwaltung dem Parlament kurzfristig eine mit allen anstehenden Geschäften vorlegen. Das könne dann könne dann entscheiden, ob es sich mit einzelnen Verkäufen befassen will. Beurkundungsreife Geschäfte könnten so noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

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