UNO schwächt Spionage-Kritik ab

EU-Kommission fordert von den USA rasches Einlenken beim Datenschutz

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Während eine Delegation des US-Kongresses am Dienstag ihre Reise zur Schadensbegrenzung im NSA-Skandal in Brüssel fortsetzte, beschäftigte sich die UNO mit einer Resolution gegen Lauschangriffe.

Chris Murphy hat es nicht leicht auf seiner Goodwill-Tour durch Europa. Die Empörung über die schamlose Ausspähung von EU-Bürgern durch den US-amerikanischen Geheimdienst NSA ist groß und das Handy von Kanzlerin Angela Merkel, das am Montag Thema in Berlin war, nur die Spitze des Eisbergs. Bevor sich der demokratische »Junior Senator«, sprich Hinterbänkler, und seine Kongresskollegen aus Washington am Montagnachmittag in Brüssel den unangenehmen Fragen der EU-Abgeordneten stellen mussten, hatte schon Justizkommissarin Viviane Reding ihre Forderung an die Obama-Regierung bekräftigt, Unionsbürger beim Datenschutz rechtlich der US-amerikanischen Bevölkerung gleichzustellen. Europa erwarte die notwendigen Gesetzesänderungen »in jedem Fall vor Sommer 2014«. Auch EU-Bürgern müsse, wie kürzlich versprochen, endlich das Recht eingeräumt werden, bei Missbrauch ihrer persönlichen Daten vor Gericht ziehen zu können.

Brüssel verhandelt inzwischen fast drei Jahre über ein Rahmenabkommen zum Datenschutz in den Bereichen Justiz und Polizei. US-Justizminister Eric Holder hatte in der Vorwoche erstmals Bereitschaft gezeigt, die Rechte anzugleichen. Laut einer Untersuchung der Kommission, die heute veröffentlich wird, halte sich Washington bei der Nutzung der Daten von Bankkunden und Fluggästen angeblich an die mit der EU geschlossenen Vereinbarungen. Im Europaparlament dagegen gibt es immer wieder Kritik am Brüsseler »Kuschelkurs« gegenüber den USA.

Die NSA-Affäre war am Dienstag auch Thema bei den Vereinten Nationen in New York. Der Menschenrechtsausschuss der Vollversammlung beriet über eine zwar schon länger vorbereitete, nach den Enthüllungen von Deutschland und Brasilien aber mit Dringlichkeit gemeinsam eingebrachte Resolution gegen Lauschangriffe; anschließend soll das Plenum abstimmen. Beobachter erwarten eine Verabschiedung des Dokuments zum Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter, das aber über den hohen Symbolwert hinaus rechtlich nicht bindend ist. Das sind nur Beschlüsse des Sicherheitsrates.

Trotzdem hatte Washington erheblichen Druck gemacht, um den Entwurf abzuschwächen - was ungeachtet der Proteste von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch auch gelungen sei, so diplomatische Kreise. Weder die USA noch die NSA werden noch namentlich genannt, und es regiert der Konjunktiv, wenn im Text etwa willkürliche Überwachungsmaßnahmen - egal ob aus dem In- oder Ausland - Menschen in ihrem Recht auf Privatsphäre oder Meinungsfreiheit nur noch beeinträchtigen »könnten«.

Die USA und ihre Partner im Geheimdienstbündnis »Five Eyes« (Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland) hatten darauf beharrt, dass internationales Recht sie lediglich zum Schutz der Privatsphäre von Bürgern auf ihrem eigenen Staatsgebiet verpflichte. Zumindest werde erstmals ausdrücklich anerkannt, dass Menschenrechte online ebenso gelten wie offline. UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay soll bis Mitte 2014 einen detaillierten Zustandsbericht vorlegen, als Grundlage für das weitere Vorgehen. Der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar, jedenfalls begrüßte die UN-Resolution am Dienstag als »wichtigen ersten Schritt« und »starkes Signal«.

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