Nachspiel zu einer Razzia in Rostock

Polizei ließ Anwalt nicht zu seinem Mandanten

  • Lesedauer: 3 Min.

Das Gebaren von Staatsschutzpolizisten bei einer Ende September in Rostock erfolgten Hausdurchsuchung in der linken Szene hat ein Nachspiel im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Der Grünen-Abgeordnete Johannes Saalfeld stellte eine Kleine Anfrage, in der er sich anhand eines nd-Berichts nach dem Vorgehen der Staatsschutzabteilung der Rostocker Kripo erkundigte. Die Antwort aus dem Justizministerium lässt aufhorchen, da sie ursprünglichen Darstellungen widerspricht.

Es geht unter anderem darum, unter welchen Umständen einem Rechtsanwalt während der bereits laufenden Durchsuchung der Zutritt zu der Wohnung seines Mandanten verwehrt worden ist. Außerdem seien auch Räume einer Person durchsucht worden, gegen die kein Durchsuchungsbeschluss vorlag. Beides wären erhebliche Rechtsverstöße.

Der Rostocker Rechtsanwalt Michael Noetzel – so viel ist unstrittig – wurde von der Polizei seiner Darstellung zufolge während der laufenden Durchsuchung etwa 20 Minuten lang nicht in die betreffende Wohnung gelassen, obwohl er vor der Tür stand und sich dort bemerkbar machte. Als Grund dafür gibt das Justizministerium an, dass der Anwalt »gegenüber den Polizeibeamten seine Bevollmächtigung als anwaltlicher Vertreter eines von der Durchsuchung Betroffenen nicht nachweisen« konnte. Doch sei er »nach fernmündlicher Rücksprache« eingelassen worden.

Anwalt Noetzel kommentiert dies mit den Worten, dass ein solcher Nachweis in einer derartigen Situation »nicht notwendig« sei. Zum anderen sei er es selbst gewesen, der den Staatsanwalt zur »Rücksprache« am Telefon hatte – während er nämlich von außen laut gegen die Tür geklopft und sich auch verbal bemerkbar gemacht habe. Dennoch habe er 20 Minuten warten müssen, während die Durchsuchung lief.

Laut Noetzel weicht die Darstellung des Schweriner Ministeriums zudem deutlich von der Erstversion des Staatsschutzes in einer dienstlichen Stellungnahme ab. Darin habe der Staatsschutz erklärt, man habe das Klopfen einer Person wahrgenommen, sie aber für einen »Störer« gehalten, da man Noetzel zuvor beim Verlassen eines linken Wohnprojekts beobachtet habe. Daher habe man die Klingel abgestellt; die Rufe vor der Tür habe man nicht gehört.

Der Anwalt bestätigt, an diesem Morgen in dem Wohnprojekt gewesen zu sein. Zur Durchsuchung sei er jedoch aus seiner Kanzlei gekommen und damit aus einer ganz anderen Richtung. Dass die Beamten seine Rufe nicht gehört haben wollen, hält er für eine Ausflucht: Schließlich habe er die Beamten durch die Tür sehr gut verstanden. Und als er mit dem Staatsanwalt drohte, ist Anwalt Noetzel ja offenbar auch verstanden worden.

Vor Gericht ist nun auch eine Beschwerde zu einem anderen Aspekt der Durchsuchungsaktion aus dem späten September anhängig. In einer von einer beschuldigten und einer nicht beschuldigten Person gemeinsam genutzten Wohnung seien auch Räume der unbeteiligten Person gefilzt worden. Nach Darstellung des Justizministeriums betraf dies jedoch gemeinsam genutzte Räume in einer lebenspartnerschaftlich geteilten Wohnung und sei daher rechtmäßig. Gegenüber dem Internetportal »Kombinat Fortschritt« hat die betroffene Frau diese Darstellung allerdings als »Quatsch« zurückgewiesen.

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