Liebling aus Böhmen

Der Skoda Octavia ist der bestverkaufte Importwagen hierzulande, gerade seine Zurückhaltung überzeugt

Aus Mlada Boleslav in Böhmen stammen jene Autos, die deutsche Käufer am liebsten wählen, wenn sie sich nicht für eine heimische Marke entscheiden: Im Oktober verzeichnete die tschechische Traditionsmarke im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Verkaufsplus von 36,9 Prozent: 15 199 Skoda wurden zugelassen.

Die Skoda-Firmengeschichte währt schon 117 Jahre. Seit 1905 werden auch Autos in Mlada Boleslav produziert, seit 1991 unter deutscher Leitung. Volkswagen übernahm die tschechische Marke in jenem Jahr. 1996 begann der Siegeszug der Marke in Westeuropa mit dem ersten Skoda Octavia. Dessen dritte Auflage belegt in den Top Ten der Importautos erneut Platz eins.

Welche Rolle der VW-Einfluss auf den Skoda-Erfolg in Deutschland wirklich spielt, ist letzten Endes schwer auszumachen, an den Modellen indes ist die Wolfsburger Einwirkung kaum zu übersehen. So ist der neue Skoda Octavia Kombi dem VW Golf Variant artverwandt - was der Beliebtheit des Tschechen hierzulande sicher zuträglich ist.

Konzernintern wird die Bauvereinheitlichung »Modularer Querbaukasten« oder auch MQB genannt. Auch Seat profitiert von MQB. In der Vergangenheit ging es dabei nicht immer ohne Eifersüchteleien ab. Vor ein paar Jahren führte mangelhafte Abstimmung zwischen der Einstiegsmarke Skoda und der Premiummarke VW gar zu Verstimmungen: Skoda baute sein Spitzenmodell »Superb« einst derart hochwertig und luxuriös, dass der Mehrpreis für einen Passat kaum noch zu rechtfertigen war. Selbst die Fachpresse, den deutschen Herstellern stets besonders zugewandt, riet zum Kauf des Skoda statt des VW. Die Konzernmutter war wenig begeistert.

Mittlerweile zeigt sich Skoda wieder zurückhaltender, was Chrom und Leder angeht. »Simply clever« heißt das Motto und zu dem recht bieder gezeichneten Octavia passt der Slogan gut: Zurückhaltend im Design, aber schnörkellos gut im täglichen Gebrauch. Neun Zentimeter länger als das Vorgängermodell ist der aktuelle Kombi (4,66 m), der mit der kleinsten Motorisierung (1,2 TSI, 86 PS) mindestens 16 640 Euro kostet - ohne Klimaanlage oder einen der zahlreichen Sicherheitsassistenten. Für den beliebten 2.0 TDI mit 150 PS beginnt die Preisliste beispielsweise erst bei 25 340 Euro. Je vier Diesel und Benziner hatte Skoda im Kombi-Angebot.

Immer beliebter wird auch die Allrad-Variante (ab 22 540 Euro) - nicht nur in Alpenländern wie der Schweiz, wo bereits jeder zweite verkaufte Octavia ein Modell der Baureihe 4x4 ist. Im alltäglichen Fahrbetrieb treibt der Allrad-Octavia nur die Vorderräder an, sobald sich der Wagen jedoch auf unsicheres Gelände wie Schnee oder Schotter begibt, wird die Antriebskraft auf die Hinterräder verteilt - dank der Elektronik innerhalb von Sekundenbruchteilen. Ein Vorzug - gerade im Winter: Wer einmal im Skiurlaub mit Kind und Kegel auf dem Weg hinauf zur Hütte gescheitert ist, wird die 2000 Euro Mehrkosten möglicherweise in Erwägung ziehen.

Im Alltag weiß der recht sparsame Skoda (selbst mit 1,8 TSI-Motor nur 6,7 Liter Benzin/100 km kombiniert) mit gewitzten Details zu überzeugen, zum Beispiel mit einem höhenverstellbaren Laderaumboden, mit einem Eiskratzer im Tankdeckel, mit einem Smartphone-Halter in der Mittelkonsole oder den per Knopfdruck umklappbaren Sitzen in der zweiten Reihe. Auch die Assistenzsysteme sind auf dem aktuellen Stand. Verkehrszeichenerkennung, Abstandsassistent, Einparkassistent - verblüffend, was Autos heute können. Spannend ist auch der Fernlichtassistent, der bei Dunkelheit ab 60 km/h automatisch das Fernlicht anschaltet. Fährt ein Fahrzeug voraus (bis 400 m) oder kommt eines entgegen (bis 1000 m), blendet das System selbst ab. Insgesamt klappt das verblüffend präzise. Nur an stark reflektierenden Schildern wird manchmal irrtümlich abgeblendet. Ein ungefährlicher Fehler, dennoch irgendwie beruhigend.

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