Seltsame Managerschmiede

Die private Handelshochschule Leipzig kann nicht mit Geld umgehen, das Land zahlt dennoch

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Beim Geld für staatliche Hochschulen rechnet Sachsens CDU/FDP-Regierung penibel genau. Eine private Business School in Leipzig allerdings wird verwöhnt - über Gebühr, heißt es in der Opposition.

Und wieder gab es Lorbeeren für die Handelshochschule Leipzig (HHL). Die private sächsische Bildungseinrichtung gehöre zu den besten »Gründerhochschulen« Deutschlands, urteilte der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft dieser Tage. In der Begründung hieß es, die Absolventen seien bestens vorbereitet, ihr Wissen in einer eigenen Firma umzusetzen.

Fragt sich nur, was genau die künftigen Manager von ihrer Leipziger Ausbildungsstätte lernen können - zum Beispiel, wenn es um die Finanzierung eigener unternehmerischer Aktivitäten mithilfe öffentlicher Gelder geht. Schließlich wirtschaftet die HHL bereits seit 1994 mit einem zinslosen Darlehen, das ihr der Freistaat gewährte - und das, wie Sachsens Rechnungshof bei einer noch nicht abgeschlossenen Prüfung feststellte, bereits zur Hälfte aufgezehrt ist. Das Darlehen hatte die HHL zwei Jahre nach ihrer Wiedergründung im Jahr 1994 erhalten. 25 Millionen D-Mark, umgerechnet 12,8 Millionen Euro, stellte das Land zur Verfügung - mit der Maßgabe, das Geld nach 20 Jahren vollständig zurückzuzahlen. Zugleich wurde erlaubt, dass die Hochschule mögliche Verluste aus dem Darlehen deckt.

Davon musste Gebrauch gemacht werden - die HHL schreibt offenbar öfter rote Zahlen; im Prüfzeitraum habe sie »regelmäßig defizitär« gewirtschaftet, schreibt der Rechnungshof. Vom Darlehensbetrag seien 2012 gerade noch sechs Millionen Euro vorhanden gewesen. Und nicht einmal die werden, wie ursprünglich vorgesehen, 2014 an das Land zurückfließen: Der Darlehensvertrag wurde bereits vor Jahren bis 2020 verlängert.

In der sächsischen Opposition sorgt das für Kopfschütteln. Das Land habe der Privatschule ein »bequemes Bett bereitet«, sagt Gerhard Besier, Hochschulexperte der LINKEN. Das Landesgeld vermindere »anscheinend den Druck, solide zu wirtschaften« - ein Druck, dem eine Business School doch eigentlich gewachsen sein sollte. Das gilt um so mehr, als sie von ihren momentan 550 Studenten happige Gebühren verlangt: Für ein Vollzeitstudium zum »Master of Business Administration« werden 27 000 Euro gefordert. Ungeachtet dessen kann die Hochschule weitere Vergünstigungen in Anspruch nehmen - zum Beispiel Mietfreiheit. Die HHL bekommt in Gebäuden, die dem Land gehören, Räume mit 7118 Quadratmetern Fläche kostenlos zur Verfügung gestellt. Der »fiktive Mietzins«, den sie so spart, beträgt nach Angaben des Wissenschaftsministeriums 621 500 Euro im Jahr. Darüber hinaus erhielt die Hochschule in den beiden zurückliegenden Jahren zusammen 1,122 Millionen Euro Zuwendungen vom Land. Eigentlich sollte damit die Kooperation mit der Uni Leipzig gefördert werden. Laut Bericht des Rechnungshofs wurden aber 306 000 Euro für Möbel und technische Ausstattung ausgegeben.

In der CDU/FDP-Regierung hält man derlei Großzügigkeit nicht für anstößig. Die ursprünglich bereits 1898 gegründete Einrichtung habe eine »lange Tradition«; zudem zeigten gute Rankings, dass sie zu den führenden Business Schools in Deutschland gehöre, sagt Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer: »Sie ist daher zu unterstützten.« Mitnichten, erwidert Besier und weist auf die »Unterfinanzierung der staatlichen Hochschulen« im Freistaat hin. Diese müssen seit Jahren jeden Cent dreimal umdrehen, bekommen Stellen gestrichen und Mittel gekürzt. Das staatliche Rundum-Sorglos-Paket für die HHL sei, sagt der LINKE-Abgeordnete, deshalb eine »nicht hinnehmbare Privilegierung«.

Über die Gründe kann nur gemutmaßt werden. Womöglich versprachen sich maßgebliche Regierungsmitglieder von der exklusiven Einrichtung zur Eliteförderung etwas Renommee in der internationalen Welt der Manager. Zudem gibt es noch immer eine auffällige Nähe der HHL zur Politik: Präsident ist Andreas Pinkwart, FDP-Politiker und Ex-Minister für Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen. Er kam 2011 nach Leipzig - offenbar ein nicht ganz unattraktiver Job. Laut Rechnungshof liegen die Vergütungen der Geschäftsführung an der HHL »deutlich über dem Niveau an staatlichen Universitäten«. Die Antwort auf die Frage, wo so viel Geld herkommt, dürfte nicht verwundern: Angezapft werde auch dafür das Darlehen vom Land.

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