Kein Platz für Party

Dem Spreeufer droht weiteres Clubsterben

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Die einst so lebendige Clubszene an der Spree verwaist zusehends. Das Yaam will umziehen, kann aber nicht. Das Magdalena sucht ein neues Grundstück und auch dem Lichtpark droht das Aus.

»Ich hätte nicht erwartet, dass wir wieder so eine Pressekonferenz veranstalten müssten«, sagt Jan Lerch sichtlich fassungslos. Doch der Vorstand des Yaam, einer Mischung zwischen Reggaeclub und Integrationsprojekt, muss in wenigen Wochen das bisher genutzte Grundstück verlassen. Eigentlich gibt es auch einen Ersatzstandort, das momentan vom Club Magdalena genutzte Gelände direkt an der Schillingbrücke. Die Rückübertragung aus dem Liegenschaftsfonds an den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist im Prinzip auch in trockenen Tüchern, wenn es da nicht einen vor Gericht geführten Streit über die Sanierungskosten zwischen Land und Bezirk gäbe.

»Eine Hängepartie über viele, viele Monate«, sagt Lerch. »Die Zeit wird extrem knapp. Wir sind kein Club, der innerhalb von drei Tagen umziehen kann.« Ein halbwegs geordneter Umzug könnte dann stattfinden, wenn der Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses am 11. Dezember grünes Licht für die Grundstückübertragung geben würde. Der Bezirk hat nach Lerchs Ansicht die Bedingungen erfüllt. »Es kann nicht sein, dass gesagt wird, Clubkultur sei wichtig, dann aber eine Lösung nicht mal ansatzweise umgesetzt wird«, sagt er.

Christian Mill ist bereits seit über einem Jahr auf der Suche nach einem Ersatzstandort für die Magdalena, die dem Yaam weichen soll, lange erfolglos. Erst nachdem man an die Öffentlichkeit gegangen sei habe sich das geändert. »Wir sprechen jetzt mit der BEHALA über ein Objekt, aber eigentlich ist viel zu wenig Zeit für Verhandlungen«, sagt er. Mit einer so unklaren Perspektive seien Vorausplanungen praktisch unmöglich.

Auch dem Lichtpark auf der anderen Spreeseite droht das Aus. Der bis Jahresende laufende Mietvertrag werde wohl nicht verlängert, sagt Roland Prejawa. Dabei gebe es eine hohe Nachfrage nach Open-Air-Veranstaltungen.

»Es dauert lange, bis ich Antwort bekomme, wenn überhaupt eine kommt«, berichtet das Berliner Cluburgestein Ben de Biel, der sich auf die Suche nach neuen Räumen für die Magdalena begab. »Die Strukturen in Politik und Verwaltung sind extrem langsam und mir ist ein großes Unverständnis über unser Geschäft begegnet«, beklagt er. »Ich teile die Ungeduld, dass alles zu langsam geht«, sagt CDU-Landesparlamentarier Christian Goiny. Die Clubszene leiste einen unglaublichen Beitrag für die Kreativität der Stadt. Seiner Meinung nach hat sich der Umgang mit der Clubkultur unter Rot-Schwarz jedoch deutlich gewandelt. Er ist genau wie seine SPD-Kollegin Clara West der Meinung, dass die neue Liegenschaftspolitik, der zufolge Landesgrundstücke nicht mehr nur nach Höchstpreis verkauft werden, ein klarer Paradigmenwechsel sei. Auch bei Lärmschutz und Baurecht seien den Clubs entgegenkommende Änderungen in Vorbereitung.

Änderungen, an die Katrin Schmidberger erst glauben will, wenn sie Gesetz geworden sind. Sie sitzt für die Grünen im Abgeordnetenhaus. »Die Beispiele Yaam und Magdalena zeigen, dass wir bisher landesweit keine Strategie haben. Es gibt aber noch viele andere Clubs in der Stadt, die einer herannahenden Bebauung werden weichen müssen«, sagt sie.

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