nd-aktuell.de / 05.12.2013 / Politik / Seite 1

Nicht mehr als Worte der Hilfsbereitschaft

Bundesregierung soll mehr syrische Flüchtlinge aufnehmen / Europäisches Grenzregister vereinbart

Christian Klemm
Die Nachbarländer Syriens sind mit den vielen Flüchtlingen am Rand ihrer Aufnahmekapazität. Die Bundesrepublik könnte helfen, tut es aber bisher kaum.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat die Innenminister der Länder auf ihrer Konferenz in Osnabrück wegen der katastrophalen Lage syrischer Flüchtlinge zum Handeln aufgefordert. »Zwischen den Worten der Hilfsbereitschaft und der Realität klafft eine große Glaubwürdigkeitslücke«, erklärte der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation, Günter Burkhardt. Die von der Evangelischen Kirche im Rheinland geforderte Aufnahme von 100 000 Schutzsuchenden hält Burkhardt für machbar. Auch der Geschäftsführer des niedersächsischen Flüchtlingsrates, Kai Weber, übte Kritik an der Bundesregierung: »Angesichts der unfassbaren Tragödien, denen die Flüchtlinge ausgesetzt sind, bewegen sich die Aufnahmen Deutschlands zurzeit allenfalls im symbolischen Bereich.«

Die Bundesrepublik hat bisher zugesichert, ein Kontingent von 5000 syrischen Schutzsuchenden aufzunehmen. Außerdem sind seit 2011 mehr als 18 000 Syrer auf eigene Verantwortung als Asylbewerber in die Bundesrepublikeingereist. Wegen der seit mehr als zweieinhalb Jahren andauernden Kämpfe zwischen Regierung und Aufständischen sind aus Syrien mehr als zwei Millionen Menschen geflüchtet, rund vier Millionen sind innerhalb der Landesgrenzen auf der Flucht.

Auch Amnesty International (AI) warf der Bundesregierung vor, sich nicht ausreichend für Flüchtlinge zu engagieren. Sie müsse sich dafür einsetzen, dass die Abschottungspolitik in Europa aufhöre, erklärte AI-Expertin Imke Dierßen. Spätestens seit den Bootskatastrophen vor der italienischen Insel Lampedusa hätte es eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik geben müssen. »Europa kann und muss hier noch mehr tun.« Das gelte besonders für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge.

Appelle wie dieser scheinen bei den Verantwortlichen in Europa nicht auf fruchtbaren Boden zu fallen. Eine Expertengruppe der EU hat nun vorgeschlagen, die Präsenz der Grenzschutzagentur Frontex im Mittelmeer zu verstärken. Auch der Kampf gegen Schleuserbanden soll verschärft werden, zum Beispiel durch die Polizeibehörde Europol.

Die künftige Bundesregierung aus Union und SPD will derweil nicht untätig bleiben. Im Koalitionsvertrag wurde Zustimmung zu einem europäischen Grenzregister vereinbart. Darin sollen die Fingerabdrücke von allen Ausländern gespeichert werden, die nicht dauerhaft im Schengen-Raum leben.