nd-aktuell.de / 09.12.2013 / Sonntagsschuss / Seite 1

Some Fans Are Bastards

Christoph Ruf

Marcus Uhlig ist ein vernünftiger Mann, einer, der die Erlebnis- und Gefühlswelt von Fußballfans nicht nur vom Hörensagen kennt. Wenn einer wie er den Ausschluss von Dynamo Dresden aus dem bezahlten Fußball fordert, muss etwas so Schlimmes passiert sein, dass der zweite Gedanke, der nach der Wut und dem Affekt kommt, nicht mehr durchdringen kann.

Uhlig, seines Zeichens Geschäftsführer von Arminia Bielefeld, dürfte bereits wenige Stunden nach dem Schlusspfiff klar gewesen sein, dass die Leute, die der Fluch von Dynamo Dresden sind, den Verein wohl auch in der achten Liga begleiten würden. Er dürfte gemerkt haben, dass weder die große Masse der Dynamo-Fans noch die Spieler, noch die Vereinsführung etwas dafür können, dass sich in ihrem Gefolge Leute tummeln, die Dynamo in einer Stellungnahme vom Sonntag Abend völlig zurecht »Kriminelle« genannt hat.

Schon am Bielefelder Bahnhof, wo die Polizei offenbar zunächst auf genau die Deeskalations-Strategie gesetzt hat, die Fan-Sozialarbeiter immer fordern, detonierten Böller. Später wurden 17 Polizisten verletzt, ein Supermarkt und ein Kino demoliert, zwei Cateringhäuschen im Stadion überfallen und ausgeraubt. 1000 Sicherheitsleute und bis zu 900 Polizisten waren letztlich nicht in der Lage, die Brutalität einzudämmen.

Wie tief muss man gesunken sein, um auf Menschen einzutreten, die am Boden liegen und einem Polizeipferd Schnittwunden zuzufügen? Das ist eine rhetorische Frage, alle anderen, die sich nach Bielefeld stellen, harren allerdings tatsächlich einer Antwort. Geben müssen sie die Fans selbst und niemand sonst.

Dynamo Dresden hätte man nur dann einen Vorwurf machen können, wenn der Verein es versäumt hätte, sich mit den klarstmöglichen Worten von den Vorfällen zu distanzieren. Doch genau die finden sich in der Erklärung des Vereins. Auch die Fußball-Verbände sind außen vor. Sie haben längst begriffen, dass Kollektivstrafen ungerecht und kontraproduktiv sind und propagieren völlig zurecht eine so genannte »täterorientierte Strafverfolgung«. Man kann den Behörden dabei nur viel Glück wünschen.

Wer Menschen überfällt und ausraubt, die für ein paar Euro die Stunde Wurst und Glühwein verkaufen, sollte nie mehr in ein Stadion dürfen und genau die Summe an Schmerzensgeld bezahlen, die ein Richter festlegt.

Das Problem daran: Er muss erst ermittelt werden. Und genau das dürfte mal wieder schwer werden, weil Fans, längst nicht nur Ultras, es in der Regel ablehnen, mit Polizei und Behörden zu kooperieren. Man mag das ja vielleicht noch verstehen, wenn es um das Abbrennen von Pyros geht. Aber bei Raub und schwerer Körperverletzung?

»ACAB – All cops are bastards« – dieser Spruch krankte schon immer am ersten »A«. Und auf die Situation in Bielefeld trifft ganz gewiss das ganze holde Sprüchlein nicht zu. Was aber, wenn manche Fans Arschlöcher sind, also »SFAB« gilt?

Die Dynamo-Fanszene hat in den vergangenen Monaten öfter bewiesen, dass sie weiß, wie Selbstregulierung funktioniert. Wenn auch die scheitert, müssen endlich auch die Dogmen über Bord geworfen werden, die in ihrer Konsequenz nur noch zynisch und verbrecherisch sind.