Chinesische Weisheiten im Rechnungshofbericht

Präsident Weiser bezeichnet Personalausgaben für den öffentlichen Dienst als »tickende Zeitbombe«

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Brandenburg verpasste die Chance, mit dem Abtragen seiner Schulden zu beginnen, bedauert der Landesrechnungshof.

Etwas Eigenwilliges hat der neue Landesrechnungshofpräsident Christoph Weise schon mal in die jährlich fällige Abrechnung mit der Landespolitik getragen. Den launigen Spruch. Als er gestern erstmalig den jüngsten Rechnungshofbericht für 2013 präsentierte, warf er mit Fußballparolen und chinesischen Weisheiten nur so um sich. Äußerlich hat das Bundesland Weiser zufolge in den vergangenen Jahren ausgeglichen gewirtschaftet. Knapp über zehn Milliarden Euro jährlich wurden eingenommen und und ausgegeben, sogar Rücklagen wurden gebildet. Steuereinnahmen und Bundeszuschüsse waren kräftig gestiegen, die Zinsen spektakulär niedrig.

»Gut für Schuldner, weniger gut für Sparer«, kommentierte Weiser und reichte hier auch eine Kritik nach: Das Land habe in seinen Finanzplanungen den Umfang der Zinszahlungen deutlich zu hoch angesetzt. Das habe dem Finanzminister eine »kleine Sparkasse« beschert. Immerhin bieten aber die jüngsten Finanzplanungen auch an dieser Stelle mehr »Haushaltsklarheit und -wahrheit«, bescheinigte Weiser.

Rechnungshof rügt...
  • Mängel bei der Herstellung der Datensicherheit in der Justiz.
  • Viele Modellversuche an Schulen seien meist fragwürdig, weil die Wirkung fast nie getestet werde.
  • Der Schulsozialfonds soll ärmeren Kindern die Teilnahme an Veranstaltungen ermöglichen, tatsächlich aber werden von dem Geld mitunter Musikinstrumente und Computer gekauft, heißt es.
  • Die Kulturstiftung Cottbus sollte allmählich ihre Preise, unter anderem für Premieren im Staatstheater erhöhen, weniger Karten verschenken und nicht zehn Gästewohnungen im Plattenbau betreiben, in denen ja doch niemand wohne.
  • Die Förderung von Forschung in kleinen Unternehmen sollte weniger umständlich sein. Zuschüsse sollten künftig durch rückzahlbare Darlehn ersetzt werden.
  • Für die Unterhaltung der Gewässer fließen Millionen vom Land, doch in Kanäle, die dem Rechnungshof nicht immer plausibel erscheinen. »Finanzielle Kontrollen fehlten.«

Das Land habe die günstige Situation leider nicht genutzt, die 18 Milliarden Euro Schulden zu reduzieren, tadelte er. Selbst ein verhältnismäßig kleiner Schritt in diese Richtung hätte seiner Meinung nach ausgestrahlt. Denn wie der Chinese wisse: »Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.« Finanztechnisch liege Brandenburg derzeit im »gesicherten Mittelfeld«. Die zeitweilig positiven Werte ändern jedoch nichts am grundlegende Problem: Brandenburg sei nur ungenügend darauf vorbereitet, dass die Einnahmen sich durch Wegfall der Bundeszuschüsse binnen weniger Jahre drastisch verringern werden und gleichzeitig die Personal- und Pensionsausgaben in gleichem Maße steigen. Beim zwingend erforderlichen Abbau dieses strukturellen Defizits von einer Milliarde Euro seien allenfalls »geringe Fortschritte festzustellen«, sagte Weiser.

Als »tickende Zeitbombe« bezeichnete er die steigenden Personalausgaben. Sie werden von 28 Prozent im Jahr 2012 auf 28,7 Prozent im Jahr 2014 klettern. Höhere Tarife und eine wachsende Schar von Pensionären lassen massive Zuwächse erwarten. Die für einen Teil der Beamten verfügte Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre könne ein wenig dämpfen. Inzwischen werde auch darüber nachgedacht, die vorzeitige Pensionierung wieder etwas zu begrenzen. Eine Reduzierung der Stellen im öffentlichen Dienst und eine Reduzierung der Ausgaben für die Bürger sei der einzige Weg, wenn man nicht die Pensionen von derzeit durchschnittlich 3300 Euro im Monat beschneiden wolle.

Aber, fügte Weiser erleichtert hinzu, den Beamten und Pensionären die Einkommen zu kürzen, dem stünden verfassungsrechtliche Hürden im Wege. Und der Rechnungshofpräsident Weiser meinte auch, Brandenburg bezahle seine Beamten schlecht und es sei kein Trost, dass Berlin noch schlechter zahle. In München gebe es ein Fünftel mehr.

Die Politik habe zwar Rücklagen gebildet, um künftige Pensionslasten stemmen zu können, doch seien diese Rücklagen ein »Schluck Wasser auf dem heißen Stein«.

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