nd-aktuell.de / 14.12.2013 / Politik / Seite 2

Jugendrekord

Hannes Hofbauer, Wien

Das erste Mal bin ich Sebastian Kurz im September 2010 direkt vor meinem Büro in Wien-Josefstadt begegnet. Wir kannten einander nicht und so ist es bis heute geblieben. Damals stieg ein smarter Jüngling mit kunstvoll gebändigtem Haarschopf aus einer tiefschwarzen Hummer-Limousine, auf der die Aufschrift »Geil-o-mobil« sowie das Logo der Jungen ÖVP, der Jugendorganisation der Österreichischen Volkspartei, prangten. Mit diesem US-amerikanischen Militärfahrzeug erlangte Kurz Berühmtheit bei den Wiener Landtagswahlen 2010.

Die 2011 erfolgte Berufung zum Staatssekretär für Integrationsfragen in die Regierung war für den damals 24-Jährigen ein Sprung ins kalte Wasser. Als größten politischen Erfolg kann er inzwischen eine Beschleunigung bei der Einbürgerung von Migranten verbuchen, die er allerdings an gesellschaftliches Wohlverhalten gebunden hat. Gesetzesänderungen wie die Ermöglichung einer Mitgliedschaft von Ausländern bei der Freiwilligen Feuerwehr tragen schon fast kuriose Züge. Seine Beliebtheit indes steigerten sie nicht nur bei konservativen Wählern. Bei der Nationalratswahl Ende September erhielt er 35 000 ihm persönlich zuzuordnende sogenannte Vorzugsstimmen.

Sebastian Kurz wurde 1986 in Wien-Meidling geboren, trat mit 17 der Jungen ÖVP bei und studiert Rechtswissenschaften. Mit seiner Bestellung zum Außenminister bricht Kurz den Jugendrekord auch auf europäischer Ebene. Erste Kritik wurde bereits daran geknüpft, dass Kurz verheizt werde. Albert Rohan, einst Generalsekretär im Außenministerium, meint dagegen sinngemäß, dass es angesichts der Bedeutungslosigkeit des kleinen Österreichs in der EU nicht darauf ankäme, Erfahrung in der Außenpolitik einzubringen. Die große Diplomatie leisteten ohnehin die Beamten.

So sehr diese Einschätzung stimmen mag, zeigt sie auch, wie unwichtig internationale Politik für einen Kleinstaat und wie beliebig damit auch das Personal geworden ist. Außenminister Sebastian Kurz ist - so gesehen - die Sichtbarmachung eines strukturellen Defizits.