Weltbank ohne Wandel

Martin Ling über die ersten 18 Monate Jim Yong Kim

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Symbolkraft war unübersehbar: Ein gelernter Arzt wird an die Spitze der kränkelnden Weltbank berufen. Einer, der vor 20 Jahren noch für die Abschaffung der 1944 in Bretton Woods gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds aus der Taufe gehobenen Institution demonstriert hatte. Dementsprechend waren mit dem koreanischstämmigen US-Amerikaner Jim Yong Kim große Erwartungen verbunden, als er am 1. Juli 2012 sein Amt antrat und eine Kulturrevolution in Aussicht stellte. An seinem Vorsatz hält er zwar fest, doch in der Essenz der Weltbank hat sich das noch nicht niedergeschlagen. Relativ progressiven Strategiepapieren steht nach wie vor eine regressive operative Praxis gegenüber. Auf dem Papier werden erneuerbare Energien und Energieeffizienz groß geschrieben, in der Praxis wird in Kosovo ein Braunkohle-Kraftwerk finanziert, auch wenn laut einer Studie Investitionen in Energieeffizienz weit kostengünstiger gewesen wären.

Bis auf kosmetische Korrekturen wie einen Ombudsmann bei der mächtigen Weltbanktochter International Finance Corporation hat sich bei der Weltbank nicht viel getan. Das Mantra von der Armutsbekämpfung als oberste Priorität wird zwar unablässig wiederholt, aber im Tagesgeschäft geht es vor allem darum, möglichst viel Kredite auszugeben. Masse gilt als Klasse, weil Weltbankkredite von den Schuldnerländern bevorzugt bedient werden und somit das Kreditrisiko gegen Null tendiert.

Wenn sich überhaupt ein Wandel abzeichnet, dann ist es die neu ausgegebene Marschroute, künftig mehr denn je auf Groß- statt auf Kleinprojekte zu setzen. Und das, obwohl selbst die Weltbank-Evaluierungsabteilung festgestellt hat, dass Großprojekte in Sachen Armutsbekämpfung besonders schlecht abschneiden. Operation geglückt, Patient tot.

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