Schumacher war nicht zu schnell

Staatsanwalt: Aber definitiv abseits der markierten Piste unterwegs

  • Christine Longin, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Zehn Tage nach dem Skiunfall von Michael Schumacher haben die französischen Ermittler erstmals Auskunft über den Unglücksablauf gegeben. Danach ist klar, dass er nicht zu schnell unterwegs war.

Der Verlauf der Unglücksfahrt des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher ist nun klar. Die französischen Ermittler haben alles zusammengetragen, was ein Licht auf den Unfall wirft: einen Film der Unglücksfahrt, die Untersuchung von Helm und Ski und die Aussagen der Retter, Ärzte und Augenzeugen. Der Staatsanwalt von Albertville, Patrick Quincy, schildert am Mittwoch im Justizpalast, was sich am 29. Dezember im Skigebiet von Méribel in den Alpen zutrug. Quincy gibt dabei Antwort auf zwei Fragen: Erstens war der siebenfache Formel-1-Weltmeister definitiv abseits der markierten Piste unterwegs. »Der Felsen, auf den er stürzte, ist acht Meter außerhalb der Piste.« Und zweitens fuhr Schumacher nicht besonders schnell.

»Die Geschwindigkeit war die eines guten Skifahrers auf einer nicht sehr steilen Strecke«, sagt Stéphane Bozon von der Gendarmerie Haute Savoie. In Stundenkilometern könne er das nicht angeben. Doch das scheint für den Unfall, bei dem Schumacher ein schweres Schädel-Hirntrauma und mehrere Hirnblutungen erlitt, auch nicht ausschlaggebend gewesen zu sein. »Die Geschwindigkeit ist nicht von besonderer Bedeutung für uns«, sagt auch Staatsanwalt Quincy.

Damit stützen die Ermittler die Aussagen von Schumachers Managerin Sabine Kehm. Sie hatte kurz nach dem Unfall betont, dass der 45-Jährige nicht mit hoher Geschwindigkeit unterwegs gewesen sei. Auch der Film eines deutschen Skifahrers sollte das belegen, wie »Der Spiegel« berichtet hatte. Doch Quincy liegt dieses Video nicht vor. Stattdessen werteten seine Ermittler den Film aus, den Schumacher selbst mit seiner Helmkamera aufzeichnete. Die zwei Minuten bis zum Sturz sind darauf zu sehen. Zu hören ist lediglich das Gleiten der Ski über den Pulverschnee. Ein Zwischenfall, bei dem er vor seinem Sturz einem Mädchen geholfen haben soll, ist nicht aufgezeichnet.

Klar ist, dass Schumacher außerhalb der Piste auf einen Stein fuhr, das Gleichgewicht verlor und dann gut drei Meter tiefer kopfüber auf einen Felsen stürzte. Sein Helm zerbrach dabei. Auch die Ski, die Schumacher geliehen hatte, weisen Kratzspuren auf. Dass sie aber für den Unfall verantwortlich sein könnten, schließen die Ermittler aus. Ebenso, dass die Pisten im Skigebiet von Méribel schlecht gekennzeichnet waren.

»Bewusst« habe der frühere Formel-1-Pilot seine Strecke gewählt. Ob Schumacher also unvorsichtig handelte, wird der Staatsanwalt gefragt. Dazu will er nicht antworten. Erst sollen die Ermittlungen weitergehen, was noch Wochen dauern könnte.

Rund 50 schwere Unfälle gibt es jedes Jahr im Gebiet von Albertville, zu dem Méribel gehört. Doch ein solches Medieninteresse hat die Alpenstadt seit Olympia 1992 nicht mehr erlebt. Im Saal des Justizpalastes haben nicht einmal alle rund 100 Journalisten Platz, die zur Pressekonferenz gekommen sind. Eine Frage beantwortet Quincy dabei nicht: die zum Gesundheitszustand Schumachers.

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