Niedersachsen im Sumpf

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 2 Min.
Wolfgang Schorlau hat einen neuen Kriminalroman geschrieben. Schauplatz diesmal: die Fleischindustrie. Nach genauer Recherche lässt der Autor kein gutes Haar an der Branche.

Es ist Georg Denglers siebter Fall. Der Privatdetektiv und ehemalige BKA-Beamte, auch in diesem Schorlau-Krimi die Hauptfigur, sucht seinen Sohn. Jakob ist verschwunden, in seinem Zimmer findet Dengler Aufkleber mit dem Text: »Dieses Fleisch stammt aus Massentierhaltung. Sie vergiften damit sich und Ihre Familie.« Sein Sohn als Tierschützer? Das Engagement von Jakob und seinen ebenfalls verschwundenen Freunden war Dengler bis zu deren Verschwinden verborgen geblieben. In welche Gefahr die kleine Aktionsgruppe sich damit gebracht hat, kommt erst im Laufe der Geschichte heraus.

Dabei streift Schorlau, der bereits durch seine präzise Recherche bekannt ist, in »Am zwölften Tag« alle Facetten des Geschäftes mit dem Fleisch. Quälerische Tiermast, Umweltverschmutzung und Verseuchung des Trinkwassers, EU-Subventionen sowie die Ausbeutung von osteuropäischen Werkvertragsarbeitern und Menschenhandel durch Rockerbanden. Schorlau beschreibt neben einer spannenden Geschichte die Grundlagen und Hintergründe der Milliardengewinne der Fleischindustrie.

Und der Autor ergreift dabei eindeutig Partei. Die Fleischindustrie habe sich ihren schlechten Ruf hart erarbeitet, sagt er nach der Recherche. »Eigentümer und Manager sind in jeder Hinsicht unterste Schublade. Ausnahmen habe ich nicht gefunden.«

Und so beschreibt Schorlau genau die Zustände in den Mastställen und Schlachthöfen, wo die Tiere, die für diese Industrie ihr Leben lassen, »vom ersten bis zu ihrem letzten Tag gequält werden«. Er selbst mache, seit er für das Buch recherchiert habe, um jede Fleischtheke und Tiefkühltruhe im Supermarkt einen großen Bogen.

Auch die geschaffene »Billiglohnhölle« wird in dem Krimi gekonnt unter die Lupe genommen. Menschenhandel und Ausbeutung mitten im idyllischen Niedersachsen, wo eine Anfrage vom BKA - gestellt über Denglers alte Kontakte - genauso versandet wie Beschwerden von Tierärzten und Umweltschützern. Es ist ein Sumpf, den Dengler nach und nach aufdeckt und in einer hochspannenden Geschichte aufzeigt. Wem der Plot übertrieben erscheint, dem wird vom Krimiautor im Nachwort entgegengehalten: »Die Wirklichkeit ist vielfach noch schrecklicher als die übelsten Phantasien.«

Wolfgang Schorlau: Am zwölften Tag; Verlag Kiepenheuer&Witsch 2013; Preis: 9,99 Euro; ISBN 978-3-462-04547-5.

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