»Gute Lehrlinge sucht man immer«

In Leipzig können Betriebe, denen geeignete Jugendliche zur Ausbildung fehlen, Erfahrungen vom Jugendtechnologiecentrum »GaraGe« nutzen

  • Harald Lachmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit 2007 verringerte sich die Zahl der Schulabgänger in Sachsen um 36,1 Prozent - Betriebe müssen zeitig auf Lehrlingssuche gehen. Zum Beispiel im Leipziger Jugendtechnologiecentrum »GaraGe«.

Immer weniger sächsische Lehrlinge müssen pendeln, da sie wieder daheim eine Lehrstelle fänden, verkündete dieser Tage die Regionaldirektion der Bundesarbeitsagentur. Das sieht wie ein Erfolg aus, doch im Grunde wird eine Not zur Tugend gemacht. Denn längst suchen auch Sachsens Firmen händeringend Nachwuchs.

Seit 2007 verringerte sich die Zahl der Schulabgänger um 36,1 Prozent. In Thüringen und Sachsen-Anhalt, waren es 36,4 beziehungsweise 34,2 Prozent weniger. So ist Sven Morlok, letzter FDP-Wirtschaftsminister in einem Bundesland, nur zuzustimmen, wenn er Sachsens Unternehmen mahnt, »in Eigeninitiative möglichst früh auf die Schulen zuzugehen«. Dass dies aufwendig sein kann, womöglich aber zu nachhaltigem Erfolg führt, war kürzlich in Leipzig zu erleben. Für drei Tage stand das dortige Jugendtechnologiecentrum »GaraGe« im Zeichen ehrgeiziger Wettbewerbe zwischen 200 jungen Leuten aus vier Leipziger Oberschulen. Unter dem Titel »my skills« ermittelten sie in 25 Berufen ihre Besten - so im Fach Kfz-Mechatroniker.

»Endzeit: 3:48 Minuten. Das macht 28 Punkte!« Kaum hatte das der Standbetreuer Steffen Serfling verkündet, brach Jubel unter den Schülern aus. Die ganze Klasse feierte Kevin Beth und Tom Baucza. Die 14-jährigen von der Helmholtz-Oberschule verpassten nur knapp den Höchstwert von 30 Punkten. Ihr Auftritt hatte es in sich: Mit der Stoppuhr in der Hand, ließ sie Serfling - sonst Lehrausbilder bei der Frank Fahrzeugbau GmbH in Markranstädt - die neun massiven Bolzen einer Lkw-Achse herausschlagen und sauber wieder einsetzen. Erkennbar ging es dabei nicht nur um Kraft sondern auch Geschick und richtiges Vorgehen.

»Gute Leistung!«, lobte der Ausbilder. Als langjähriger Partner der »GaraGe« in Leipzig-Plagwitz, die seit 2005 übrigens unter der Ägide des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) arbeitet, habe er halt ein Auge für Talente, versichert er. Schon manchen jungen Burschen, den er in dem Zentrum bei einer berufsorientierenden Veranstaltung kennenlernte, habe er dann später zum Praktikum eingeladen. »Gute Lehrlinge sucht man immer«, sagt er.

Ob die beiden Schüler mal ins Kfz-Metier gehen, wissen sie indes noch nicht. »Etwas Technisches könnte es aber schon werden«, sinniert Kevin. So oder so, die Monate, die sich ihre Klasse im Rahmen von »my skills« auf diesen Showdown vorbereitete, hätten ihnen viel gegeben, versichern sie. Und als sich die Schülerteams dann für das Finale auf die 25 Stationen dieses Berufeparcours aufteilen sollten - immer zwei pro Berufsfeld - hätten sie sich schnell mit dem Fahrzeugbau angefreundet.

Diesen Reifeprozess der Jugendlichen hat auch Angelika Träger-Nestler, Chefin der gemeinnützigen VDI-GaraGe GmbH, beobachtet. Als mit einem Besuch zur Berufe-Weltmeisterschaft »Worldskills 2013« auf dem Leipziger Messegelände der Startschuss zu dieser einzigartigen Aktion fiel, »wirkten viele der damaligen Achtklässler ebenso unentschlossen über ihre berufliche Zukunft, wie halt ein Großteil ihrer Altersgefährten«, erzählt sie.

Die VDI-GaraGe GmbH habe ihren Schwerpunkt im »neuartigen Vermitteln naturwissenschaftlicher, technischer und wirtschaftlicher Kompetenzen«, so Träger-Nestler. Unterstützt werde man dabei durch mittlerweile 240 Partnerunternehmen aus der Leipziger Region, die so ihrerseits beizeiten nach Nachwuchs fahnden können. Selbst Porsche unterhält im Zentrum eine eigene Schülerwerkstatt. Die Arbeit in 16 Projektgruppen, die dann für die »my skills« gebildet wurden, habe schließlich das Interesse der Schüler »spürbar belebt«. Assistiert durch viele Firmen konnten sie sich schnell und tiefgründig in praktische Aspekte der unterschiedlichen Berufe einarbeiten - und damit »solide auf dieses spannende Finale vorbereiten«. Hier war indes auch Allgemeinwissen gefragt: »Von wem wird der Bundeskanzler gewählt?« Oder: »In welchem Alter darf man wählen gehen?«

Parallel zu den Wettbewerben demonstrierten alle Projektgruppen an einem eigenen Stand vor einer Jury, wie sie sich mit »ihrem« Beruf beschäftigt haben. Das Spektrum spannte sich dabei von A wie Anlagentechniker über G wie Gießer oder Grafikdesigner bis V wie Vermessungstechniker.

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