nd-aktuell.de / 10.01.2014 / Kultur / Seite 14

Der letzte Kriegskanzler

Lothar Machtan über Prinz Max von Baden

Gerd Fesser

In den letzten Monaten sind bereits zahlreiche neue Bücher zum Ersten Weltkrieg erschienen. Das in den Fokus öffentlichen Interesses drängende Thema tangiert auch die Biografie jenes Mannes, der den Ausstieg Deutschlands aus dem verlorenen Krieg managen musste: des Prinzen Max von Baden. Der Historiker Lothar Machtan (Bremen) hat sich seines Lebensweges und -werkes angenommen.

Der Autor schildert zunächst Kindheit, Jugend und Militärdienst des Prinzen. Nebenher skizziert er die Geschichte des Hauses Baden und beschreibt das Berliner Salonleben. Er zeigt, dass Prinz Max von Baden ein Zerrissener war, als Homosexueller ein Doppelleben führte. Ausführlich legt er die Rolle jener Männer dar, die dem Prinzen als Ratgeber zur Seite standen. Der Biograf hat die zugänglichen Quellen sorgsam ausgewertet; Einsicht in den Nachlass des Prinzen, der sich in Schloss Salem befindet, verweigerte ihm das Haus Baden jedoch leider.

Prinz Max war seit 1907 badischer Thronfolger. Er hatte den Rang eines preußischen Generals, stand jedoch seit 1914 nicht mehr im aktiven Militärdienst, sondern war in der Kriegsgefangenenfürsorge tätig. Seine Stunde als politischer Akteur kam, als der Krieg längst verloren war. Bis in den August 1918 hinein hatte der eigentliche Führer der Obersten Heeresleitung, General Ludendorff, behauptet, Deutschland könne den »Endsieg« erkämpfen. Am 29. September aber verlangte er von der völlig überraschten Reichsregierung, sie solle sofort mit der Entente Verhandlungen über einen Waffenstillstand aufnehmen. Der von den Militärs dominierte Kronrat beschloss daraufhin, den greisen Reichskanzler Hertling abzusetzen und den Prinzen Max zum Kanzler zu berufen. Bereits am 3. Oktober, seinem ersten Tag als Kanzler, richtete dieser an den Präsidenten der USA, Thomas Woodrow Wilson, eine Note, in der er um einen Waffenstillstand nachsuchte.

Die Ernennung des Prinzen, der als liberaler Reformpolitiker galt, hatte die Oberste Heeresleitung gegen den Widerstand des Kaisers Wilhelm II. durchgesetzt, in der Erwartung, ihn wie seinen Vorgänger als Marionette dirigieren zu können. Die Rechnung ging nicht auf. In die Regierung des Prinzen waren einige selbstbewusste erfahrene Politiker wie Philipp Scheidemann, Matthias Erzberger und Wilhelm Solf eingetreten. Als nun der bislang allmächtige Ludendorff sich der Politik der neuen Reichsregierung widersetzte, wurde er am 26. Oktober kurzerhand entlassen. Ende Oktober wurden zudem die Befugnisse des Kaisers drastisch eingeschränkt und der Übergang zum parlamentarischen Regierungssystem in Angriff genommen.

Machtan zeigt, dass Prinz Max sich bereits vor seiner Ernennung mit Friedrich Ebert, dem Vorsitzenden der SPD, verständigt hatte. Beide hofften, die Monarchie erhalten zu können. Wilhelm II. sollte zurücktreten und an Stelle des zwölfjährige Enkels des Kaisers Max als »Reichsverweser« treten, um Ebert zum Reichskanzler zu ernennen. Doch Wilhelm II. blieb störrisch. Schließlich verkündete Prinz Max am 9. November 1918 eigenmächtig die Abdankung des Kaisers und übergab sein Amt an den Sozialdemokraten.

Es wäre zu wünschen, dass dieser vorzüglichen Biografie des letzten Kriegskanzlers in absehbarer Zeit ein vergleichbares Lebensbild des ersten Kriegskanzlers, Theobald von Bethmann Hollweg, folgt.

Lothar Machtan: Prinz Max von Baden. Der letzte Kanzler des Kaisers. Suhrkamp Verlag, Berlin. 668 S., geb., 29,95 €.