nd-aktuell.de / 11.01.2014 / Politik / Seite 1

Europadebatte: Gysi fordert Sozialunion

Linkspartei wolle »Konstruktionsfehler« der EU korrigieren / Union attackiert erneut Brüssel / SPD-Staatsminister: soziale Sicherheit für alle

Berlin. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, hat »eine europäische Sozial- und Wirtschaftsunion« gefordert. Er verwies[1] im Sozialen Netzwerk Facebook auf eine Äußerung von CDU-Vize Armin Laschet, der »im Rahmen der Unions-Kampagne gegen EU-Bürgerinnen und EU-Bürger aus Bulgarien und Rumänien« erklärt habe: »Wir haben bewusst keine Sozialunion.« Gysi nannte dies einen entscheidenden »Konstruktionsfehler der Europäischen Union«. Diesen wolle die Linkspartei korrigieren.

Zuvor hatten Politiker der Union erneut die EU-Kommission wegen deren Haltung im Streit um Hartz-IV-Zahlungen für erwerbslose Einwanderer aus EU-Ländern attackiert. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wies die Position als »völlig inakzeptabel« zurück. »Würde sich ihre Ansicht durchsetzen, würde es vermutlich einen erheblichen Zustrom von Menschen geben, die allein wegen der Hartz-IV-Zahlungen nach Deutschland kommen würden.« Dies sei nie Sinn der Freizügigkeit in der EU gewesen, so Kauder gegenüber der »Bild«-Zeitung.

Laschet hatte seine Ablehnung einer Sozialunion gegenüber der »Süddeutschen Zeitung« mit den Worten begründet, es sei ein europäisches Grundprinzip, dass nur derjenige Leistungen erhalte, der auch etwas eingezahlt habe. »Dies Prinzip muss man aufrechterhalten, sonst kann sich jeder das Sozialsystem aussuchen, das für ihn am günstigsten ist.« Dem widersprach der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, der SPD-Politiker Michael Roth gegenüber »Handelsblatt Online«: »Wir brauchen in der EU keine Wohlstandsinseln, sondern soziale Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger - unabhängig davon, wo sie in der EU leben und arbeiten.«

»Für den Fischer in Portugal müssen die gleich sozialen Standards gelten wie für die Kindergärtnerin in Deutschland und den Paketboten in Finnland«, forderte auch Gysi. Die Bundesregierung habe in den vergangenen Jahren »maßgeblich eine Politik vorangetrieben, die das Verhältnis der Partnerstaaten innerhalb der Union auf gegenseitige Haftung in der Krise und auf finanzielle Transfers reduziert«. Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko sagte[2] auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, EU-Kritik von links werde »in Deutschland deshalb so stark gebasht, weil EU zunehmend ein Instrument des deutschen Nationalismus geworden ist«. Agenturen/nd

Links:

  1. https://www.facebook.com/gregor.gysi/posts/10151789531037693?stream_ref=10
  2. https://twitter.com/AndrejHunko/status/421300091052638208