nd-aktuell.de / 13.01.2014 / Politik / Seite 4

Bibeltreuer

Gabriel Stängle stört sich am Lernziel »sexuelle Vielfalt«

Jürgen Amendt

Manche Urteile über Konservative halten sich hartnäckig. Beispielsweise dieses: Konservative seien allem Neuen gegenüber prinzipiell ablehnend eingestellt. Daraus wächst ja auch die Berechtigung des Konservativismus: sich nicht gedankenlos jeder Mode hingeben zu wollen. Im technischen Bereich aber sind Konservative oft begeisterte Anhänger des Fortschritts (bei Linken ist das meist andersherum). In seiner fundamentalistischen Variante neigt der Konservative allerdings zum Ressentiment, gepaart mit religiösem Fundamentalismus.

Gabriel Stängle ist ein Musterbeispiel eines fundamentalistischen Konservativen. Dem Realschullehrer (in Nebenfunktion Leiter des Referats Erziehung, Bildung und Schulpolitik im baden-württembergischen Realschullehrerverband - RLV-BW) missfällt die Absicht der grün-roten Landesregierung, an den Schulen des Landes das Lernziel »Akzeptanz sexueller Vielfalt« im Unterricht zu vermitteln. Der 41-Jährige bibelfeste Christ aus dem Schwarzwald zog daher aus, um den Bildungsplan zu Fall zu bringen. Während die Altvorderen noch in Form von wütenden Leserbriefen an die Lokalzeitung in den Kreuzzug wider die Unmoral zogen, wählte Stängle die Online-Petition. Via Internet sammelte er seit seit dem Start der Petition Ende November 2013 über 100 000 Jünger um sich, die meisten davon unterschrieben erst in den vergangenen Tagen, nachdem die Medien ausführlich über die Initiative berichtet hatten. Stängle kritisiert in seinem Antrag u.a., dass in den Leitlinien »verschiedene Formen des Zusammenlebens von/mit Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen und Intersexuellen (LSBTTI)« Thema sind, aber die »negativen Begleiterscheinungen eines LSBTTI-Lebensstils ausgespart würden. Zu diesen zählt er die «erhöhte Anfälligkeit für Alkohol und Drogen».

Und wie das so ist, in der schönsten aller Welten, der im Internet, gibt es mittlerweile auch eine Gegenpetition. Die ging erst am 8. Januar an den Start und hat bis Sonntag fast 50 000 Unterstützter gesammelt. Stängle muss also aufpassen, dass er und die Seinen nicht ins Hintertreffen geraten.