nd-aktuell.de / 14.01.2014 / Politik / Seite 20

Briten lieben Bratwurst

In London verkaufen Auswanderer das deutsche Kulturgut

Meike Stolp, London
Der ehemalige Friseur Florian Frey und seine Lebensgefährtin eröffnen bald ihr drittes Geschäft in London. Sie verkaufen Bratwurst und Currywurst - die wichtigste Zutat kommt dabei aus Deutschland.

Hermann ist typisch deutsch. Und was man bei Hermann kauft und isst, auch. Obwohl er in London Herman heißt, mit nur einem N. »Herman Ze German« gilt als die beste deutsche Wurstbraterei der Stadt. Sie hat in den vergangenen drei Jahren die britische Hauptstadt mit inzwischen zwei Filialen erobert.

»Das seltsamste, das mir mal passiert ist,« erzählt Florian Frey, einer der drei Geschäftsführer, »ist, dass mir mal eine Frau aus dem Laden gefolgt ist, weil sie meine Unterschrift haben wollte.« Der Mann mit der Strickjacke lacht irritiert. Dass er, der schon beim britischen Starkoch Jamie Oliver in der Sendung einen Auftritt als deutscher Wurstbratexperte hatte, jetzt selbst ein Star ist, kann er noch nicht ganz fassen. Und eigentlich, sagt er, hat er auch zu viel zu tun, um sich damit auseinanderzusetzen. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Azadeh Falakshahi hat Frey »Herman Ze German« aufgebaut. Zuerst in Brighton, wo Falakshahi Fotografie studiert und nebenbei in einem Pub gearbeitet hat. Florian Frey, der zuvor als Frisör in der Schweiz gearbeitet hat, kam nach. Beide haben gerne mit ihren Freunden gegrillt. Die Wurst brachte der Deutsche aus seiner Heimatstadt Lörrach mit. Denn: »In England gibt es keine gute Wurst,« sagt Florian Frey.

Irgendwann hat der Besitzer des Pubs, in dem Falakshahi arbeitete, gefragt, ob die beiden nicht mal einen deutschen Abend organisieren wollen. Und das taten sie mit Wurst, mit Frikadellen und badischem Kartoffelsalat. Das kam gut an. Vor allem die Wurst. Später fingen die beiden an, deutsche Bratwurst auf Festivals zu verkaufen. »Es war immer der Plan, es groß aufzuziehen«, sagt Florian Frey. Er gibt auch zu, dass sie in einer Sache Glück hatten: einen Investor gefunden zu haben. Ein guter Freund machte Florian Frey auf dessen 30. Geburtstag ein Angebot: Er gibt ihm Geld und Frey und Falakshahi gehen in London zu einem der besten Makler und lassen sich Immobilien zeigen. Alles per Handschlag, einen Vertrag gab es nicht. So kamen die beiden Deutschen zu ihrem Laden in der Villiers Street bei Charing Cross.

Der Anfang war nicht ganz einfach. »Wir mussten Lehrgeld zahlen«, sagt Florian Frey. Sie hatten zum Beispiel vergessen, die Elektrizität anzumelden. Irgendwann kam dann ein Brief: 30 000 Pfund sind innerhalb von zwei Wochen nachzuzahlen. »Aber«, sagt Florian Frey mit der Ruhe eines Menschen, der nicht mehr in Problemen, sondern in Lösungen denkt, »daraus lernt man auch.«

Das »Herman« ist nicht die einzige deutsche Würstchenbude Londons. Die anderen heißen beispielsweise »The Sausage Man« oder »The Wurst Club«. Einige, wie der »Sausage Man« David Rundel, der aus Berg im Kreis Ravensburg kommt, haben es zu mittlerer Berühmtheit in der Stadt gebracht. Das Geheimnis des Erfolgs? »Die Leute sehen, wir haben Humor«, sagt Frey. Das »Ze« in der Mitte ist eine Anspielung auf die harte deutsche Aussprache des englischen »the«. »Herman« spielt mit den deutschen Klischees, aber verkörpert sie nicht. Dirndl findet man bei ihnen nicht.