nd-aktuell.de / 15.01.2014 / Ratgeber / Seite 25

Wer schippt den Schnee und streut die Wege?

Winterdienst und Verkehrssicherungspflicht

Sinken im Winter die Temperaturen und legt sich der Schnee über Häuser und Straßen, hält das »Winter Wonderland« auch einige lästige Pflichten bereit, wie Schneeschippen und Sandstreuen. Wer dafür verantwortlich ist und was es mit der Verkehrssicherungspflicht auf sich hat, fasst die D.A.S. Rechtsschutzversicherung zusammen.

So schön die weiße Pracht auch sein kann: Bei andauerndem Schneefall verengt sie die Straßen, bei starker Kälte verursacht Glatteis gefährliche Rutschpartien. Doch wer ist eigentlich dafür zuständig, dass Straßen und Gehwege sicher benutzbar sind?

Die juristische Basis für das Schneeräumen und Streuen ist die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Diese besagt, dass sämtliche Gefahrenquellen, wie zum Beispiel glatte und vereiste Straßen oder stark zugeschneite Wege, entschärft werden müssen. Bei öffentlichen Gehwegen hat diese Pflicht grundsätzlich die Gemeinde inne. Tatsächlich kann diese jedoch durch eine Ortssatzung an die Anlieger, also die Grundstückseigentümer, weitergegeben werden. »Wie die Eigentümer mit der ihnen übertragenen Pflicht umgehen, bleibt dann ihnen überlassen«, ergänzt Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S., und fährt fort: »Sie können die Streu- und Räumpflicht entweder selbst wahrnehmen, eine Firma beauftragen oder - wie bei den meisten Mietshäusern - mit einer Klausel im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen.« Wichtig: Ein Verweis auf diese Pflicht in der Hausordnung ist nur gültig, wenn diese Bestandteil des zu unterschreibenden Mietvertrages ist! Auch müssen Mieter keine nachträgliche Aufnahme der Schneefege-Pflicht in die Hausordnung tolerieren.

Wer muss zur Schneeschaufel greifen?

Normalerweise wird in der Hausordnung aufgeführt, wie die Schnee- und Eisbeseitigungspflicht im Einzelnen unter den Mietern verteilt wird. Dabei gilt: Die Winterpflicht trifft nicht bloß die im Erdgeschoss eines Mietshauses wohnende Partei (Amtsgericht Köln, Az. 221 C 170/11)! Entsprechende Mietvertragsklauseln sind unwirksam. Stattdessen müssen alle Mieter gleichermaßen am Winterdienst beteiligt werden, zum Beispiel mit Hilfe eines konkreten Zeitplans für den Räumdienst.

Wer denkt, dass Krankheit oder Urlaub von der Räum- und Streupflicht befreit, der irrt: »Jeder, der verhindert ist, muss sich um einen verlässlichen Ersatz kümmern«, warnt die D.A.S. Rechtsexpertin. Der Vermieter bzw. Hauseigentümer hat allerdings trotz Übertragung des Winterdienstes auf die Mieter weiterhin eine Kontrollpflicht.

Regeln zum winterlichen Schippen

Oft ist unklar, wann genau der Schnee bzw. das Eis beseitigt werden muss: Bereits bei der ersten Schneeflocke, ab einem halben Meter Schneedecke oder ab Minus 10 Grad Celsius? Dazu erteilen meist die jeweiligen Ortssatzungen Auskunft. Normalerweise setzt die Räum- und Streupflicht mit Beginn des »allgemeinen Verkehrs« ein. Die Juristin konkretisiert: »Werktags müssen die Wege in der Regel zwischen sieben und zwanzig Uhr von Schnee und Eis befreit werden, sonntags und an gesetzlichen Feiertagen ab etwa acht, spätestens jedoch ab neun Uhr.« Und: Bei Dauerschneefall muss der Verantwortliche auch mehrmals täglich für geräumte und bei Glatteis auch gestreute Wege sorgen. Beim Streuen sollte allerdings vorzugsweise Sand oder Granulat verwendet werden - Salz ist heute in vielen Gemeinden verboten.

Auch wo zur Schneeschaufel gegriffen werden muss, ist in den Gemeindesatzungen geregelt: Grundsätzlich gilt die Schneeräumpflicht für Anlieger nur für den Fußgängerverkehr, also für Gehwege. Darunter fallen auch die Zugänge zum Haus, zu Mülltonnen und Garagen. Allerdings müssen Gehwege nicht komplett von Schnee und Eis befreit werden: Vielerorts genügt es, einen ein bis 1,20 Meter breiten Streifen auf dem Gehweg vor dem Haus frei zu räumen (Oberlandesgericht Nürnberg, Az. 6 U 2402/00). Bei dem Weg zu den Mülltonnen oder zu den Garagen ist ein rutschfester Durchgang von etwa einem halben Meter ausreichend (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 23 U 195/00). Gemeindesatzungen können hier allerdings abweichende Regelungen treffen.

Wenn doch etwas passiert - Schadenersatz?

Stürzt ein Passant und verletzt sich, stellt sich die Frage, wer hierfür haftbar gemacht werden kann. Die D.A.S. Rechtsexpertin kennt die Rechte des Fußgängers: »Ein gestürzter Passant kann nur Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn der Streupflichtige seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, also zum Beispiel vergessen hat, zu räumen. Treten Personenschäden auf, muss sich der nachlässige Streupflichtige unter Umständen sogar wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten.« Umgekehrt gilt: Passanten dürfen sich bei schlechten Witterungsbedingungen auch nicht völlig sorglos bewegen, sich also in hohem Maße leichtfertig verhalten. Wenn beispielsweise ein Fußgänger ungeeignetes Schuhwerk trägt und vor lauter Eile nicht auf den Zustand des Weges achtet, kann sein Schadenersatzanspruch unter Umständen wegen Mitverschuldens gekürzt werden! D.A.S./nd