Frühreife Stiefmütter

Die anhaltenden Plusgrade bringen bei den Gärtnereien einiges durcheinander - ein Bericht aus dem Nordosten

  • Jürgen Drewes, Steinhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
In den Gärtnereien blühen die Primeln, aber wegen des milden Winters leider auch schon die Stiefmütterchen. Doch die will derzeit kaum jemand haben. Ein Bericht aus Mecklenburg-Vorpommern.

Frank Zube ist hin- und hergerissen. Mit Blick auf seine Frühjahrsblüher hätte der Gärtnermeister aus Steinhagen im Kreis Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) jetzt am liebsten Winter und Frühjahr zugleich. »Die Primeln brauchen Licht und etwas Wärme, um in Blühstimmung zu kommen. Da passt das Wetter halbwegs. Meine Stiefmütterchen hingegen sind schon viel zu weit«, sagt Zube angesichts des Blütenmeers. Er hat in seinen Gewächshäusern und Folienzelten Hunderttausende Frühjahrsblüher stehen. Mehr als 10 000 Primeln hat er seit Jahresbeginn verkauft.

»Über die Sortenauswahl und die schrittweise Pflanzzeit ab Juli kann ich den Blühbeginn weitestgehend steuern«, erzählt Zube. »Aber in diesem Jahr ist einiges durcheinander gekommen. Vieles ist schneller gewachsen als gewünscht«, sagt der Gartenbauexperte, der die Anlagen unweit von Bützow seit 20 Jahren bewirtschaftet. Probleme gibt es vor allem bei den Stiefmütterchen. Weil es seit Herbst kaum Frost gegeben hat, ist das Wachstum permanent vorangeschritten.

»Stiefmütterchen verkaufen sich erst ab März mit Beginn der Balkon- und Gartensaison«, sagt Dorit Benik. Mit weiteren Frauen knipst sie zwischen Daumen und Zeigefinger die aufgegangenen Blüten in Windeseile heraus - in der Hoffnung, dass die bereits folgenden Knospen vorerst nicht aufgehen. »Was wir brauchen ist Frost, damit die Pflanzen endlich mal zur Ruhe kommen. In den Folienzelten und erst recht im Freiland haben wir kaum eine Chance, in den Wachstumsprozess einzugreifen«, erklärt Firmenchef Zube.

Immerhin haben die anhaltenden Plustemperaturen geholfen, Heizkosten zu sparen. »Das hat uns allen in die Karten gespielt. Was wir auf keinen Fall haben wollen, ist ein später Wintereinbruch im März oder April«, sagt der Präsident des Gartenbauverbands Nord, Andreas Lohff, mit Blick auf 2013. Da waren Millionen im Freiland oder in Folienzelten herangezogene Frühblüher ohne Chance auf Verkauf im frostigen Boden stecken geblieben.

Unterdessen kommt der aktuelle Verkauf von Primeln in Schwung. »Die Kunden wollen mit Vorfreude auf das Frühjahr etwas Frisches, was Farbenfrohes im Zimmer haben. Von Weihnachtssternen haben sie erst einmal genug«, sagt Zube zum Verkaufserfolg seiner überwiegend neuen Sorten.

Mit Primeln und den Stiefmütterchen ist das Angebot an Frühjahrsblühern aus Steinhagen nicht erschöpft. Auch die ersten Ranunkeln haben Blüten angesetzt. Mit ihrer Farbenvielfalt sind sie ein echter Hingucker auf jeder Fensterbank. Und nicht zu vergessen die Klassiker Tausendschönchen und Vergissmeinnicht. Auch Tausende Zwiebeln von Krokussen, Tulpen und Narzissen werden in diesen Tagen in die Töpfe gebracht, damit sie zu Ostern für die passenden Farbtupfer sorgen können.

Zubes Blick geht immer wieder zum Himmel. »Regen hatten wir zuletzt genug. Das Grau nimmt zudem den Blumen im Gewächshaus das notwendige Licht zum Wachsen. Draußen sieht das schon wieder anders aus«, meint der Gartenbauexperte. »Sonne, Temperaturen unter Null und dabei etwas Schnee über den Pflanzen. Das wäre dort jetzt ideal.« dpa/nd

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