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Staatsbegräbnis für die Hypo Alpe Adria

Die Pleitebank kostet den Eigentümer - den österreichischen Steuerzahler - noch immer sehr viel Geld. Jetzt soll sie endlich abgewickelt werden.

In Europa gibt es viele Skandalbanken. Doch die Hypo Alpe Adria stellt mit ihrem Mix aus politischem Filz, Korruption, Betrug, Spekulation und Größenwahn wohl alle anderen in den Schatten.

Fast zeitgleich zum Auftakt des BayernLB-Prozesses könnte sich im Wiener Bundeskanzleramt das Schicksal der österreichischen Krisenbank Hypo Alpe Adria entscheiden. Bei dem Treffen von Regierung und Notenbankspitze soll ein Verhandlungsmandat über die Umwandlung in eine Abwicklungsanstalt beschlossen werden - diese soll die verbliebenen Vermögenswerte, etwa die Balkan-Töchter, verkaufen. Im Gespräch ist u.a. eine Stiftung, an der sich die Großbanken »freiwillig« beteiligen. Doch diese geben sich geizig. »Ich zahle nicht für Wahnsinnige«, erklärte der Chef der Bank Austria, Willibald Cernko.

Wie konnte es zu der teuersten Bankenpleite in der Geschichte Österreichs kommen? Die kleine Hypothekenbank des Bundeslandes Kärnten war 1991 in eine AG umgewandelt worden - der neue Name Hypo Alpe Adria sollte zeigen, dass man Großes vorhatte und in ganz Südosteuropa Geschäfte treiben wollte. Dazu kam es: Heute hat man 320 Niederlassungen in Österreich, Italien, Slowenien, Kroatien, Serbien, Montenegro sowie Bosnien und Herzegowina. Man stieg zu den fünf größten Banken Österreichs auf - die Bilanzsumme betrug zuletzt rund 34 Milliarden Euro.

Doch hinter der Glitzerfassade der vom US-Stararchitekten Thom Mayne gestalteten Zentrale in Klagenfurt spielte sich Skandalöses ab: Erst die enge Verfilzung mit der Kärntner Landespolitik, vor allem der rechtspopulistischen FPÖ, machte die Expansion und riesige Fehlspekulationen möglich. Unter Landeshauptmann Jörg Haider übernahm Kärnten für die Bank eine Haftung, deren Höhe sich, wie erst später bekannt wurde, auf bis zu 25 Milliarden Euro belief. Das entspricht mehr als dem Achtfachen des Landesbudgets. Das Land erhielt für die Garantien eine hohe, jährliche Provision. Und die Bank hatte die finanzielle Rückendeckung für immer neue Aufkäufe von Banken in Südosteuropa sowie für Spekulationen in den Finanzoasen dieser Welt.

Schon 2004 verlor die Hypo einen dreistelligen Millionenbetrag mit Swap-Zinsgeschäften - Bankchef Wolfgang Kulterer verschleierte dies. Später entdecken Wirtschaftsprüfer Ungereimtheiten in den Büchern und erstatten Anzeige bei der Finanzaufsicht wegen Bilanzfälschung. Kulterer trat als Chef ab, konnte aber dank Haiders Unterstützung in den Aufsichtrat wechseln, wo er weiter die Fäden zog.

Da der geplante Börsengang nach dem Skandal nicht mehr möglich war, drohte die Rückzahlung einer Wandelanleihe in Höhe von 500 Millionen Euro, wofür das Land haftete. Aus dem Geld war ein Infrastrukturfonds für Haiders Prestigeprojekte finanziert worden. Als Ausweg erschien den Beteiligten - darunter der eingestiegenen Investorengruppe um den Vermögensverwalter Tilo Berlin - der Verkauf an die BayernLB. Bei Treffen mit deren Chef Werner Schmidt wurde der Verkauf eines Mehrheitsanteils für 1,62 Milliarden Euro vereinbart, wobei Investor Berlin einen Gewinn von 150 bis 180 Millionen Euro einfuhr. Kurz danach musste die BayernLB bereits größere Löcher bei der österreichischen Tochter stopfen und 440 Millionen Euro nachschießen, später weitere 700 Millionen.

Grund dafür waren vor allem platzende Kredite in Kroatien. Politikern und Kriminellen half die Hypo dort bei der Geldwäsche, man vergab riesige Darlehen für dubiose Bauprojekte praktisch ohne Prüfung. Damit wurden u.a. Ländereien an der istrischen Riviera zu Billigpreisen erworben, denn sie lagen in Naturschutzgebieten. Da sie nach dem Verkauf von korrupten Behörden in touristisch nutzbares Land umgewidmet wurden, explodierte der Wert. In diesem Zusammenhang wurden später langjährige Haftstrafen verhängt. Der Journalist Hrvoje Appelt, der die Machenschaften aufdeckte, bezeichnete die Hypo als »eine der größten kriminellen Organisationen in Kroatien«.

Auch in Österreich ermittelt die Justiz wegen zahlreicher Finanz- und Korruptionsaffären gegen die Bank. Es wurde eine eigene Polizeisondereinheit gebildet, die Ermittlungsakten füllen drei Millionen Seiten. Ex-Chef Kulterer sowie die ehemaligen Vorstände Josef Kircher, Siegfried Grigg und Investor Berlin stehen derzeit in einem Untreueprozess in Klagenfurt vor Gericht. Der österreichische Staat und die BayernLB streiten sich vor mehreren Gerichten, ob sie jeweils vom Vorbesitzer getäuscht wurden.

Ende 2009 waren die Finanzpro-bleme der Hypo so stark gewachsen, dass die Bank praktisch pleite war. Der österreichische Staat übernahm 100 Prozent der Anteile zum symbolischen Preis von vier Euro. Die BayernLB brachte 825 Millionen, Kärnten 180 Millionen Euro in die Bank ein. Seither hat Wien 3,6 Milliarden Euro an Eigenkapital zugeschossen. Auch 2013 waren zwei Geldspritzen nötig. Kein Wunder also, dass die Regierung nun endlich geklärt haben will, wie das Staatsbegräbnis für die Hypo Alpe Adria ablaufen soll.

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