Schlafmohn und Gras statt Mais

  • Emilio Godoy, Mexiko-Stadt
  • Lesedauer: 2 Min.

Während das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) sein 20. Geburtsjahr begeht, erlebt Mexiko die Verdrängung seiner Kulturpflanze Mais durch Marihuana und Schlafmohn. Mit dem Umstieg reagieren kleine Produzenten auf den durch NAFTA induzierten Niedergang der internationalen Maispreise. Denn seit Inkrafttreten des Handelsvertrags zwischen Kanada, Mexiko und den USA im Januar 1994 sind die Preise für Mais und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse drastisch gesunken. Das Nachsehen haben die mexikanischen Subsistenzbauern, die mit ihren kleinen Parzellen und geringeren Erträgen nicht mehr genug verdienen und dadurch in Abhängigkeit der Drogenkartelle geraten.

»Dies trifft vor allem für die besonders armen Anbauregionen zu. Dort sehen sich die Farmer gezwungen, sich von den örtlichen Drogenhändlern Geld zu leihen oder Land zu pachten«, berichtet Víctor Quintana, Berater der unabhängigen Demokratischen Bauernfront im nördlichen Bundesstaat Chihuahua.

Quintana führt als Beispiel den Fall der indigenen Pima in Chihuahua und dem Nachbarstaat Sonora an. Sie sind zu wichtigen Marihuana- und Schlafmohnlieferanten der Rauschgiftringe geworden, die um die Kontrolle der Rauschgifthandelsrouten in Richtung USA kämpfen. »Diese Entwicklung nahm bereits in den 1980er Jahren ihren Lauf, verschärfte sich insbesondere 2006 mit dem Vordringen der Sinaloa- und Juárez-Kartelle«, so der Experte.

Mexiko gilt als die »Wiege des Mais«. Dort wird dem »Korn der Götter« eine hohe symbolische und ernährungsrelevante Bedeutung beigemessen. Das lateinamerikanische Land produziert jährlich 22 Millionen Tonnen. Um die Binnennachfrage zu decken, müssen weitere zehn Millionen Tonnen eingeführt werden, wie Zahlen des Landwirtschaftsministeriums und lokaler Bauernverbände belegen.

Omar García Ponce vom Institut für politische Wissenschaften der Universität von New York sieht einen engen Zusammenhang zwischen dem Drogenanbau und den sinkenden Einnahmen der mexikanischen Maisbauern. Für ihn steht außer Frage, dass der Preisverfall dafür gesorgt hat, dass das Land zu einem der wichtigsten Hersteller von Marihuana und Schlafmohn geworden ist. IPS

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