Das beste Finale aller Zeiten

Frankreichs Handballer demontieren EM-Gastgeber Dänemark und kehrten somit schnell an die Spitze zurück

  • Christoph Stukenbrock, Herning
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach zwei Jahren Pause sind Frankreichs Handballer an die Weltspitze zurückgekehrt. Der Sieg im EM-Finale gegen Gastgeber Dänemark war eine Machtdemonstration.

So etwas hatte selbst Nikola Karabatic noch nicht erlebt. »Das war ein magisches Turnier«, sagte der Star mit leuchtenden Augen und rang noch lange nach Frankreichs Triumph gegen Gastgeber Dänemark nach Worten: »Wir haben noch nie so gut gespielt.« Nach der glanzvollen Rückkehr auf den europäischen Handballthron wurde die Equipe Tricolore mit Superlativen nur so überhäuft, selbst Staatspräsident François Hollande geriet ins Schwärmen: »Dieser Sieg ist ein großartiges Beispiel für Zusammenhalt und Ausdauer.«

Das größte Lob kam ausgerechnet vom scheidenden Trainer der Dänen, Ulrik Wilbek, dem Karabatic und Co. gründlich den Abschied verdorben hatten. »Das war die beste französische Mannschaft, die ich je gesehen habe«, sagte Wilbek. Mit dem 41:32 (23:16) gegen den Titelverteidiger feierten die Franzosen nicht nur den zweithöchsten Finalsieg der Historie. 41 Treffer in einem EM-Endspiel hatte es zuvor noch nie gegeben.

»Das war die beste Finalleistung in der Geschichte des französischen Handballs«, sagte Trainer Claude Onesta und lief sichtlich Gefahr, vor Stolz zu platzen. Frankreich, das seit 1993 keines seiner acht Endspiele bei großen Turnieren verloren hat, ist zurück an der Spitze. Nach dem blamablen Hauptrundenaus vor zwei Jahren und Rang sechs bei der WM 2013 scheint der eingeleitete Umbruch schneller vollzogen als von Experten angenommen. »Wir wussten zu Turnierbeginn nicht, wo wir stehen mit diesen vielen jungen Spielern«, sagte der im Finale überragende Daniel Narcisse und zeigte sich von der raschen Entwicklung überrascht. In den entscheidenden Momenten war es nicht bloß die »alte Riege« um Torhüter Thierry Omeyer (37), Karabatic (29) und Narcisse (34), die die Kohlen aus dem Feuer holte. Vor allem der junge Valentin Porte (23) dürfte der Fachwelt in Erinnerung bleiben.

Der Youngster vom französischen Mittelklasseteam Fenix Toulouse traf im Turnierverlauf bei 31 Versuchen 24 mal (77 Prozent), war im Halbfinale gegen Spanien mit sieben Treffern und im Finale mit neun ein entscheidender Faktor. »Er hat extrem gut gespielt. So etwas habe ich noch nicht gesehen«, lobte Wilbek.

Für Wilbek, der sich nun ganz auf seine Arbeit als Sportdirektor beim Verband konzentrieren kann, war die Schmach von Herning ein unrühmlicher Abschied von der großen Handballbühne. Nach den Triumphen von 2008 und 2012 verlor er mit seinem Team erstmals ein EM-Endspiel und kassierte ein Jahr nach der historischen 19:35-Niederlage bei der WM gegen Spanien die zweite deutliche Finalpackung in zwölf Monaten.

»Es wäre unfair, diese beiden Spiele miteinander zu vergleichen«, sagte Wilbek: »In Spanien haben wir uns ergeben, hier haben wir eine schlechte Viertelstunde gehabt und danach trotzdem schönen Handball geboten.« Die Heim-EM bezeichnete der 55-Jährige als »das Ende einer schönen Reise«. Für Frankreich könnte das Turnier dagegen der Beginn einer neuen Vorherrschaft gewesen sein. Das Fundament dafür ist gelegt. SID

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