Chaotische Wahl eint Thailand nicht

Gerichte prüfen jetzt Annullierung des Urnengangs

  • Christiane Oelrich, Bangkok
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Wahl in Thailand ist geschafft, die Probleme bleiben. Die Regierungsgegner protestieren weiter, Gerichte prüfen eine Wahlannullierung. Es drohen Lähmung und Machtvakuum.

Die Wahlen in Thailand sind entgegen allen Befürchtungen ohne größeres Blutvergießen über die Bühne gegangen, aber Grund zum Aufatmen besteht nicht. Die Regierungsgegner feierten am Sonntag ihre Störaktionen schon als Sieg. Sie haben mindestens Nachwahlen erzwungen, wollen aber weiter protestieren und die ganze Wahl anfechten. Über Regierungschefin Yingluck Shinawatra und Hunderten ihrer Abgeordneten hängt das Damokles-Schwert. Gegen sie wird wegen umstrittener Entscheidungen im Amt ermittelt. Bei Schuldsprüchen werden sie aus politischen Ämtern verbannt.

Weder Annullierung der Wahl noch ein Politikverbot sind weit hergeholt, meint der Anwalt Verapat Pariyawong. »Es wäre absurd zu erwarten, dass das Verfassungsgericht klar in den Schranken des Gesetzes bleibt. Die Geschichte zeigt, dass dieses Gericht bereit ist, vom Richtertisch aus in die Politik einzugreifen«, sagt er. So geschah es 2008. Nach Massenprotesten und Flughafenbesetzung in Bangkok löste das Gericht die Regierungspartei unter fadenscheinigen Gründen auf und verhalf der Opposition damit an die Macht. Ein gewisser Suthep Thaugsuban wurde damals Vize-Regierungschef. Heute ist er Anführer der Massenproteste.

Wie geht es weiter? Demonstranten und Regierung sind sich einig, dass dringend Reformen nötig sind. »Thailands Demokratie ist dünn«, so der Politologe Thitinan Pongsudhirak. Wahlsieger bedienten ihre Klientel und ignorierten die Opposition. Die Regierungsgegner haben an der Wahlurne keine Chance. Denn die Masse der ärmeren Bevölkerung im Norden und Nordosten steht hinter der Regierung. Deren Sympathie hat sich Yinglucks Bruder Thaksin einst als Regierungschef mit günstiger Krankenversicherung und Kleinkrediten gesichert. Suthep vertritt die Interessen der Städter und der wohlhabenderen Bewohner des Südens, mit deren Steuergeldern die Maßnahmen für den Nordosten finanziert werden.

»Langfristig kann Thailand seine Spaltung nur durch einen sozialen Kompromiss überwinden, der allen gleichberechtigte Teilhabe am politischen und sozialen Leben ermöglicht«, sagt Marc Saxer von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bangkok. Nur lehnt Suthep Yingluck als Gesprächspartnerin strikt ab. Sie und Thaksin verkörpern für ihn alles, was in Thailand im Argen liegt - vor allem die Korruption. Doch müsste auch er sich bewegen, so die International Crisis Group. dpa/nd

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