Rechte und Pflichten der Praktikanten

Das Praktikum

  • Lesedauer: 4 Min.
Wer ein Praktikum absolviert, hat im Allgemeinen weniger Rechte, da es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt - dafür treffen den Praktikanten mehr Pflichten. Welche Rechte besitzen Praktikanten?

Über ein Praktikum sammeln junge Leute während des Studiums berufliche Erfahrungen und machen sich fit für den Arbeitsmarkt. Andere absolvieren Praktika, weil es ihre Studienordnungen so vorschreiben. Aber auch nach dem Studium sind Praktika an der Tagesordnung, denn für Absolventen steht oft nicht gleich die erste Festanstellung an.

So beginnen nach einschlägigen Erfahrungen rund 38 Prozent aller Hochschulabsolventen nach dem Studium ein Praktikum oder eine praktikumsähnliche Beschäftigung (Volontariat oder Hospitanz). Die Motivation für ein Praktikum ist klar: Sie wollen einen Job im Unternehmen bekommen.

Wenn junge Menschen mit einem Praktikum beginnen, sollten sie einiges über ihre Rechte und die juristischen Bedingungen wissen, unter denen sie arbeiten. »Ein Praktikum ist kein Arbeitsverhältnis. Das Erlernen beruflicher Fähigkeiten steht im Mittelpunkt«, erklärt die Rechtsanwältin Dr. Nathalie Oberthür von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Ein Praktikant sei zwar zum Erwerb praktischer Erfahrungen regelmäßig in die täglichen Arbeitsabläufe eingebunden, doch stehe nicht die Arbeitsleistung im Vordergrund, sondern die Wissensvermittlung.

Insgesamt sei der Begriff Praktikum rechtlich vage. Daher gibt es viele Schein-Lernverhältnisse. »Außerhalb der von den Ausbildungsgängen verpflichtend vorgesehenen Praktika wird ein sehr großer Teil der Praktikanten wie Arbeitnehmer eingesetzt. Sie bekommen aber nicht den gleichen Lohn«, sagt die Rechtsanwältin Oberthür.

Sechs Tipps für Praktikanten

1. Pflichtpraktikum und freiwilliges Praktikum: Während der Schulzeit oder des Studiums wird vielfach ein vorgeschriebenes Pflichtpraktikum absolviert. Freiwillige Praktika sind beispielsweise das Vorpraktikum vor Studienbeginn oder ein zusätzliches Schülerpraktikum. Wichtig nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts: Auf verpflichtende Praktika sind Berufsbildungsgesetz und Arbeitsgesetze nicht anwendbar.

2. Vertragabschluss: Auch wenn die Rechte und Pflichten von Praktikanten nicht speziell gesetzlich geregelt sind, ist es wichtig, einen Vertrag abzuschließen, weil der eine Rechtsgrundklage für beide Seiten ist. Darauf können sich beide Vertragspartner beziehen, wenn rechtliche oder andere Probleme im Praktikum auftreten.

3. Bezahlung und Urlaub: Bei einem freiwilligen Praktikum besteht die Pflicht zur Zahlung einer Vergütung (§§ 26, 17 des Berufsbildungsgesetzes BBiG). Die Höhe der Vergütung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Nach § 26 BBiG ergibt sich in Verbindung mit dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) auch der Urlaubsanspruch von mindestens zwei Werktagen pro Praktikumsmonat. Bei Urlaub und Krankheitsfall erfolgt bei freiwilligen Praktika eine Entgeltfortzahlung. Bei verpflichtenden Praktika entfallen alle vorgenannten Regelungen, was auch durch Urteile des Bundesarbeitsgerichts bestätigt wurde.

4. Arbeitszeit: Nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) darf die Arbeitszeit während des Praktikums die Höchstdauer von acht Stunden am Tag nicht überschreiten. Aus dem § 9 ArbZG ergibt sich auch ein Verbot zur Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen. Allerdings regelt § 10 ArbZG auch Ausnahmen, beispielsweise im Gastronomiebereich, bei der Feuerwehr oder in Krankenhäusern, auch beim Rundfunk und Fernsehen sowie Printmedien oder bei Messen. In einem solchen Fall ist dem Praktikanten ein Ersatzruhetag zu gewähren.

5. Sozialversicherung: Praktikanten sind während des Praktikums grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Diese Pflicht kann entfallen bei finanziell geringfügig Beschäftigten oder wenn der Praktikant nicht mehr als 400 Euro pro Monat verdient. Bei verpflichtenden wie auch freiwilligen Studierendenpraktika sind die Praktikanten ebenfalls sozialversicherungspflichtig. Diese Pflicht kann eingeschränkt werden, wenn der Student über die Familienversicherung der Eltern versichert ist.

6. Dauer des Praktikums und Kündigung: Auch die Dauer eines Praktikums ist gesetzlich nicht geregelt. Es kann daher bis zu einem Jahr dauern. Wenn das Praktikum verlängert werden soll, sollte der Praktikant jedoch aufpassen, ob damit nicht schon ein normales Arbeitsverhältnis vorliegt.

Ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kann der Praktikant noch während der Probezeit ordentlich kündigen. Dieses ordentliche Kündigungsrecht steht nach der Probezeit nur noch dem Praktikanten zu. Die Kündigungsfrist beträgt dann vier Wochen. Fristlos kündigen können Praktikant und Praktikumsgeber nach der Probezeit, wobei hierfür schwerwiegende Gründe vorliegen müssen. Wer ein verpflichtendes Studierendenpraktikum absolviert, kann im Falle einer fristlosen Kündigung das Praktikum nicht fortsetzen und muss dann irgendwie sehen, wie er das Praktikum nachholen kann.

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