Milliardengeschenke für die Banken

Abgabe bringt nur die Hälfte der erwarteten Einnahmen / Großteil der Außenstände wird gestundet

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.
590 Millionen Euro zahlten 2011 Deutschlands Kredithäuser an Bankenabgaben. 1,3 Milliarden erließ ihnen der Staat.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich bei der Einführung der Bankenabgabe grob verrechnet. Das geht aus einer Anfrage der LINKEN im Bundestag hervor. Demnach zahlten die deutschen Finanzinstitute in den ersten drei Jahren seit Einführung der Abgabe lediglich rund 1,8 Milliarden Euro in den heimischen Bankenrettungsfonds ein. Geplant war das Doppelte.

Als die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung 2010 die Einführung der Bankenabgabe beschloss, wollte sie damit Lehren aus der Finanzkrise ziehen. »Die Kreditwirtschaft muss durch die Bankenabgabe ihren Beitrag zur Bekämpfung künftiger Krisen und zur Restrukturierung von systemrelevanten Banken leisten«, sagten damals Schäuble und die einstige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in einer gemeinsamen Erklärung. Sie hatten mit der Abgabe das Ziel, einen 70 Milliarden Euro schweren Krisenfonds zu schaffen.

Doch es kam anders als erwartet: Bereits 2011, im Jahr der Einführung der Bankenabgabe, zahlten die Geldhäuser lediglich 590 Millionen Euro. 2012 waren es 693 Millionen und letztes Jahr sogar nur 520 Millionen Euro. »Endlich räumt die Bundesregierung ein, dass sie ihr ursprüngliches Einnahmeziel der Bankenabgabe von 1,2 Milliarden Euro pro Jahr für unrealistisch hält«, so der finanzpolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, Axel Troost, zur Antwort der Bundesregierung.

Den Grund für diese massiven Mindereinnahmen sieht Troost in der Nachlässigkeit der Regierung beim Eintreiben der Abgabe: »Die deutsche Bankenabgabe ist fehlkonstruiert, denn der überwiegende Teil wird erst gestundet und verfällt dann. So schenkt Herr Schäuble den Banken über eine Milliarden Euro jedes Jahr.«

Markus Henn, Finanzmarktexperte bei den Globalisierungskritikern von Attac, nennt noch einen weiteren Grund, warum die anvisierten Einnahmen von Anfang an unrealistisch waren: »Die Berechnungsgrundlagen bezogen sich nämlich auf das Jahr 2006. Das war noch vor Ausbruch der Finanzkrise«, so Henn.

Zudem reichen auch die ursprünglich geplanten 1,2 Milliarden Euro Henn zufolge »hinten und vorne« nicht aus. So hatte der Staat rund 29 Milliarden Euro in Commerzbank, HRE und Co gepumpt, als die Bankenabgabe Ende 2010 beschlossen wurde. Um diese Summe zu erreichen, müssten die Banken auch nach Plan erst mal 22 Jahre einzahlen.

Doch an der Situation will auch die neue, schwarz-rote Bundesregierung nichts ändern. Sie rechnet damit, dass die Abgaben auf ähnlich niedrigem Niveau bleiben werden. »Einerseits sagt die Bundesregierung, man könne den armen Deutschen eine höhere Bankenabgabe nicht zumuten«, sagt Axel Troost. Andererseits unterstütze sie Pläne, dass die Banken in zehn Jahren 55 Milliarden Euro in einen Europäischen Rettungsfonds zahlen sollen. »Mit mindestens einer der beiden Aussagen werden die Menschen hinters Licht geführt«, so Troost.

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