Bochums LINKE ohne Kandidaten

Ratsfraktion will nicht zur Kommunalwahl antreten

  • Markus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.

Bochums LINKE hat ein ernsthaftes Problem: Ein Vierteljahr vor der Kommunalwahl am 25. Mai erklären sämtliche bisherigen Ratsleute, nicht mehr für einen Sitz im Parlament der NRW-Stadt kandidieren zu wollen. Sie protestieren damit gegen ein aus ihrer Sicht allzu schlechtes lokales Wahlprogramm, das offenbar gegen den Willen der Fraktionsmitglieder verabschiedet wurde.

Die Bochumer Parteibasis gilt als eher partei-links, während die Ratsfraktion um den Vorsitzenden Uwe Vorberg im Rufe steht, eher pragmatisch zu sein und dem partei-rechten »Forum demokratischer Sozialismus« (fds) nahe zu stehen, das in NRW nicht besonders stark ist. Neben politischen Gräben soll es auch persönliche Diskrepanzen geben. Und es gilt als unsicher, ob die bisherigen Ratsleute nochmals nominiert würden, wenn sie dies denn anstrebten.

Was sie nicht tun. Denn für sie sei eine Kandidatur »auf Grundlage des Kommunalwahlprogramms nicht möglich«, heißt es in einer vorgestern veröffentlichten Erklärung, die neben den bisherigen Ratsmitgliedern Aygül Nokta, Bianca Schmolze, Ralf Feldmann, Arnold Vogel, Ernst Lange und Uwe Vorberg auch fünf der acht Bezirksvertreter unterschrieben.

Der Parteibasis werfen die Elf vor, »unrealistische Forderungen« zu erheben, nicht nachvollziehbare Behauptungen aufzustellen und »an vielen Stellen« des Programms in Widerspruch geraten zu sein mit »der Politik der LINKEN in Bund und Land und der bisherigen Arbeit der Bochumer Ratsfraktion«. Die Fraktionsmitglieder hätten mit Änderungsanträgen versucht, das Programm zu verbessern, heißt es in der Erklärung der Noch-Ratsleute. Offenbar waren sie dabei aus eigener Sicht nicht erfolgreich genug.

Die Kommunalpolitiker kritisieren insbesondere eine angeblich »kategorische Formulierung« im Programm, der zufolge »im Zweifelsfall Ökologie vor Ökonomie« zu gehen habe. Offenbar wird in dem Bochumer Wahlprogramm auch der Aufkauf des Energieunternehmens STEAG AG durch mehrere Ruhrgebiets-Kommunen kritisiert. Damit, so betonen die bisherigen Ratsleute, werde der »Antiprivatisierungskurs« der Bochumer LINKEN verlassen. Allerdings ist der Deal heftig umstritten - auch innerhalb der NRW-LINKEN. Auch wenn sie nicht mehr kandidieren, wollen die Unterzeichner des Aufrufes weiterhin politisch aktiv bleiben und sich »für eine soziale und demokratische Politik einsetzen«.

LINKE-Kreissprecher David Staercke zeigte sich gegenüber »nd« überrascht über die Ankündigung der kollektiven Nicht-Kandidatur: »Damit habe ich nicht gerechnet, das zeichnete sich nicht ab«, beteuerte er. Staercke sagte, er bedauert den Rückzug der bisherigen Ratsherren und Ratsfrauen, schließlich »haben sie jahrelang gute Arbeit geleistet«. Das Wahlprogramm spiegele zu 95 Prozent den Konsens innerhalb des Kreisverbandes wider, lediglich fünf Prozent seien umstritten gewesen. »Wir haben auch viele Vorschläge unserer Ratsleute übernommen.« Noch steht nicht fest, wann die LINKE-Kandidaten für Rat und Bezirksvertretungen nominiert werden.

Die LINKE in Nordrhein-Westfalen will erklärtermaßen bei der Wahl am 25. Mai in Fraktionsstärke in alle Stadträte und Kreistage einziehen. Nach der Kommunalwahl 2009, vor der sie einem geflügelten Wort zufolge Kandidaten oft »mit dem Lasso eingefangen« hatte, verlor Partei an Rhein, Ruhr und Lippe rund ein Drittel ihrer ursprünglich 300 Ratsmandate durch Abspaltungen und Parteiaustritte.

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