Streit um Bankenabwicklung

Europaparlament auf Konfrontationskurs mit EU-Staaten

  • Lesedauer: 2 Min.

Straßburg. Im Streit um die Abwicklung maroder Banken geht das Europaparlament auf Konfrontationskurs zu den EU-Staaten. In einer Entschließung bekräftigte die EU-Volksvertretung am Donnerstag ihre Forderung nach einem Abwicklungsmechanismus auf gemeinschaftlicher Basis. Für die Entschließung stimmten 441 Abgeordnete unterschiedlicher Fraktionen, 141 votierten dagegen und 173 enthielten sich. Eine klare Mehrheit lehnte damit die von den EU-Finanzministern geplante zwischenstaatliche Vereinbarung ohne Beteiligung des Europaparlaments ab.

Das Plenum bestätigte damit die Position des Wirtschaftsausschusses. Auf Kritik im Parlament stößt auch der Beschluss der EU-Finanzminister vom Dezember zum geplanten Bankenrettungsfonds, wonach die teilnehmenden Banken zehn Jahre Zeit bekommen sollen, um für diesen Fonds 55 Milliarden Euro zu sammeln. Die Parlamentarier kritisieren, dass die Staatshaushalte so noch eine Dekade lang für Krisenbanken geradestehen müssten. Es sei sicherzustellen, dass der Bankensektor in Zukunft seine Rechnungen selbst bezahlen muss, betonte der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold. Dazu sei ein einheitlicher europäischer Abwicklungsfonds notwendig.

Das Europaparlament gehe mit dem fraktionsübergreifenden Beschluss auch auf Kollisionskurs zur Großen Koalition in Berlin, betonten Giegold und die Ko-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Rebecca Harms. Immerhin habe sich die SPD-Bundestagsfraktion nun in einem Brief auf die Seite des Europaparlaments geschlagen. »Jetzt wird es höchste Zeit, dass die Bundesregierung nachzieht«, forderten die Grünen.

Für einen effizienten Abwicklungsmechanismus, der die Gemeinschaftsmethode einhält, sprach sich auch der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, der Österreicher Hannes Swoboda, aus. Die »Friss-oder-Stirb-Methode« der Regierungen sei für das Parlament inakzeptabel. Die 28 EU-Staaten müssten nun umgehend über ein Mandat für Verhandlungen mit dem Europaparlament entscheiden. Dieses wolle eine Einigung vor der Europawahl Ende Mai, aber »keine Einigung ist besser als ein schlechter Deal«, so Swoboda. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) forderte ein außerordentliches Treffen der EU-Finanzminister zu der Frage. Es solle noch vor dem nächsten Ministerrat am 17. Februar stattfinden.

Kompromisse seien möglich, erklärte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Alle Beteiligten müssten nun aber zügig vorangehen. Wenn es vor der Europawahl keine Einigung gibt, könnte sich laut Experten das Projekt zur Bankenabwicklung, das neben der neuen Bankenaufsicht der zweite Pfeiler der angestrebten Bankenunion ist, um mindestens ein Jahr verzögern. AFP/nd

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