»Weder Grund noch Anlass«

Nach der Akteneinsicht zur Fördergeldvergabe an HBS will Christoffers einen Schlusspunkt setzen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Zurücktreten werde er nicht, sagte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers am Donnerstag. Die Opposition hatte ihn wegen angeblicher Verwicklungen in die Vergabe von Fördermitteln scharf kritisiert.

Er wolle einen »Schlusspunkt« setzen, sagte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE), bevor er sich den bohrenden und detaillierten Fragestellungen zum gescheiterten Förderfall Human Bioscience (HBS) stellte. Da gegen ihn der Vorwurf der Lüge und der mangelnden Glaubwürdigkeit im Raum stehe, werde er auch die bevorstehende Landtagssitzung zur Klarstellung nutzen. Für einen Rücktritt, wie er von der Opposition gefordert werde, wie auch für deren ehrabschneidende Vorwürfe, »gibt es weder Grund noch Anlass«.

Das Unternehmen HBS habe vor der Auszahlung von über drei Millionen Euro Fördergeldern den Rechtsanspruch geltend gemacht und auf den gültigen Bewilligungsbescheid seines Vorgängers verwiesen, so der Minister. Weil HBS in den entscheidenden Beratungen Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer Forderungen ausgeräumt habe, habe das Geld überwiesen werden müssen. Bestehende Zweifel an der Seriosität des US-amerikanischen Unternehmens, das vorgab, in Luckenwalde einen Firmenstandort errichten zu wollen, hätten die Vertreter der Investitionsbank Brandenburg (ILB) nicht aufrecht erhalten. Erst später habe sich herausgestellt, dass seitens HBS Betrüger am Werke gewesen sind. »Das Land ist in diesem Falle Opfer eines schweren Betruges geworden.« Zwei HBS-Geschäftsführer sitzen derzeit in Untersuchungshaft.

Ausdrücklich widersprach Christoffers Anwürfen, er habe 2012 Einfluss auf das Bewilligungsverfahren genommen oder die Auszahlung angeordnet. »Wenn das so gewesen wäre, dann wäre das im Gesprächsprotokoll vermerkt worden.« Seine Sache sei lediglich gewesen, darauf zu achten, dass die geltende Förderpraxis auch in diesem Falle eingehalten werde. »Warum sollte ich zu einem anderen Prüfergebnis kommen als die ILB?« Hätte es diese Zweifel gegeben, wäre das Geld nicht geflossen. Dass seitens der Antragsteller »offensichtlich Falschaussagen« vorgelegen haben, sei zu diesem Zeitpunkt unbekannt gewesen. Man werde die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten, um zu untersuchen, wo der Betrug begann. Dann werde das Prüfungsverfahren gegebenenfalls selbst überarbeitet.

Auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Mittelverwendung, die eine Bedingung für Förderungen seitens der öffentlichen Hand ist, sagte Christoffers, laut Prüfstellen habe es keine Zweckentfremdung dieser Mittel gegeben. Wie immer seien erst die Rechnungen geprüft und dann das Geld angewiesen worden. Die Zulässigkeit der Auszahlungen sei gegeben gewesen. »Wir haben keine Kenntnisse von einem Betrug besessen.« Es sei »Unsinn«, dass es einen Verdacht gegeben habe, über den sich einfach hinweggesetzt worden sei. »Glauben Sie im Ernst, dass ein Mitarbeiter das Recht bricht, weil der Minister es so will?« Auch als Minister besitze er nicht das Recht, einen Prüfprozess zu beeinflussen oder zu beenden.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) stellte sich hinter seinen Wirtschaftsminister. »Herr Christoffers hat mein volles Vertrauen.« Er werde weiter zu allen Fragen Stellung nehmen. Ob er am Montag in der Sondersitzung des Landtags eine Regierungserklärung zu der Unternehmensförderung und den Rücktritt von Justizminister Volkmar Schöneburg (LINKE) abgeben werde, sei noch offen, sagte Woidke. »Ich werde mir das anhören.« Am kommenden Montag soll der Förderfall HBS zentrales Thema einer von der CDU beantragten Sondersitzung sein.

Die Opposition war mit Christoffers Aussagen nicht zufrieden. »Nach Sichtung der Akten fragt man sich, warum jemals öffentliche Mittel in das Projekt fließen konnten«, erklärte der bündnisgrüne Landtagsabgeordnete Michael Jungclaus, stellvertretendes Mitglied seiner Fraktion im Wirtschaftsausschuss. Er forderte trotz Christoffers Erläuterungen, dieser müsse nun erklären, warum er nicht frühzeitig die Reißleine gezogen habe und »was im September 2012 dafür gesprochen haben soll, die Bedenken der Landesbank beiseite zu wischen«.

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