Positiver Nebeneffekt

Haidy Damm über den Mindestlohn

  • Lesedauer: 2 Min.

Jahrelang haben die Gewerkschaften in Deutschland das Thema Mindestlohn immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Jetzt, kurz bevor ein solcher umgesetzt wird, zeigt sich ein positiver Nebeneffekt der Debatte. Sie hat laut WSI-Tarifarchiv bei Arbeitgebern und Gewerkschaften dazu geführt, Tarifverträge abzuschließen, deren Lohnvereinbarungen seltener unter 8,50 Euro liegen. Bevor also der Staat vorgibt, welcher Lohn das Mindeste ist, setzen sich die Tarifparteien lieber gemeinsam an den Verhandlungstisch. Das ist gut, denn Tarifverträge sind weitaus mehr als die Summe, die unterm Strich auf dem Lohnkonto ankommt.

Der Abschluss in der Fleischbranche ist das Paradebeispiel. Kurz nach der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD einigten sich die Gewerkschaft NGG und die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss nach Jahren auf den ersten Tarifvertrag der Branche. Neben dem festgelegten Lohn ist einer der herausragenden Punkte, dass es keine Lohnunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland geben wird. Auch die vereinbarte Verhandlungsverpflichtung ab Juli 2017 zeigt: Das Thema Tarife könnte in der Branche endlich verankert sein. Gleichzeitig war es sicher nicht nur der drohende Mindestlohn, der die Tarifparteien an den Verhandlungstisch gebracht hat. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen haben die Imagewerte der Unternehmen dermaßen in den Keller sinken lassen, dass der Handlungsdruck immens groß war. Also feierte man lieber einen Erfolg für etwas, dass sowieso nicht mehr zu vermeiden ist. Doch auch wenn es ein Nebeneffekt ist: Der Kampf um den Mindestlohn scheint den Gewerkschaften bei Tarifverhandlungen genutzt zu haben. Nur bei 8,50 Euro pro Monat darf dieser nicht stehen bleiben. Schon jetzt reicht dieser Satz am Ende des Monats nur knapp, mit Familie schon gar nicht und für die Rente bleibt auch nichts übrig.

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