London entdeckt Baselitz

Privater Sammler schenkt dem Britischen Museum Werke deutscher Nachkriegskünstler

  • Meike Stolp
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Fokus der britischen Kulturszene liegt 2014 auf Deutschland, zumindest im British Museum. Zum 25. Mal jährt sich der Mauerfall, vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Das British Museum zeigt in der Ausstellung »Germany divided: Baselitz and his generation« seit dem 6. Februar zum ersten Mal eine Auswahl an Nachkriegs-Kunst von Baselitz über Richter zu Lüpertz. 34 der 90 Werke hat ein Privatsammler dem Museum im vergangenen Jahr geschenkt.

»Die Ausstellung soll eine Lücke füllen«, sagt ihr Kurator Stephen Coppel. Er ist verantwortlich für die Präsentation von Nachkriegskunst im British Museum, wo sich Coppel um moderne Zeichnungen und Drucke kümmert. Dort, in der Grafik- und Druck-Abteilung, in einem Raum, der aufgrund seiner architektonischen Nähe zur DDR-Ästhetik für die Ausstellung wie geschaffen zu sein scheint, kann man jetzt über 90 Arbeiten von Georg Baselitz, Markus Lüpertz, Blinky Palermo, A. R. Penck, Sigmar Polke und Gerhard Richter sehen. Arbeiten, die vorher noch nicht zu sehen waren. Sie stammen aus der Privatsammlung des deutschen, in der Schweiz lebenden Sammlers Christian Graf Dürckheim. 34 davon hat er dem Museum 2013 geschenkt.

Diese Arbeiten sollen eine Lücke füllen. Bislang hatte das British Museum einen Baselitz und einige Richter im Fundus. Nachkriegsdeutschland scheint ein weißer Fleck im Bewusstsein der Briten zu sein; diese Ausstellung soll das ändern. Sie tut das anhand der Werke von Künstlern, die fast ausnahmslos im Osten Deutschlands geboren und aufgewachsen sind, um dann später freiwillig oder unfreiwillig in den Westen zu emigrieren. In ihrer Kunst reflektieren sie beide Systeme, das sozialistische und das demokratische, und geben damit einen Einblick in das zerrissene Deutschland.

Zumindest geben sie einen Einblick in die zerrissenen Seelen - ausschließlich männliche übrigens - der Künstler, die nicht unbedingt Heilung suchen, sondern Fragen stellen. Darunter sind die spannenden Anfänge von Baselitz’ (Anti-)»Helden«, aber auch abstrakte Kompositionen des früh verstorbenen Blinky Palermo und Werke aus der Pin-Up-Reihe und aus den »Installationen« von Gerhard Richter sind zu sehen.

Der weitaus größte Teil der Werke stammt von Baselitz. Das auch mit der Schenkung zu tun: 17 der 34 Arbeiten stammen von Baselitz, zu dem Graf Dürckheim eine besondere Beziehung hatte. Graf Dürckheim wurde unweit von Baselitz’ Heimatort in Sachsen geboren. Der scheue Sammel-Graf hat früh angefangen, lange bevor die Nachkriegskünstler en vogue wurden. Wie viel die Schenkung des Grafen wert ist, will das Britische Museum nicht schätzen.

Baselitz ist in London 2014 jedenfalls sehr in Mode. Neben der Ausstellung »Germany divided« sind Werke des gebürtigen Sachsen in der Gagosian Gallery (»Farewell Bill« vom 13. Februar bis 29. März) und in der Royal Academy of Arts (»Renaissance Impressions: Chiaroscuro Woodcus from the Collection of Georg Baselitz and the Albertina, Wien« vom 15. März bis 8. Juni) zu sehen. Die Ausstellung im Britischen Museum dauert noch bis zum 31. August.

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