nd-aktuell.de / 15.02.2014 / Kultur / Seite 24

Keine Lust auf Deutsch

Immer weniger Universitäten in Großbritannien bieten Abschlüsse in europäischen Fremdsprachen an

Angelika Teudt

Die meisten Menschen auf Europas Festland sprechen die Fremdsprache Englisch. Auf der britischen Insel dagegen ist das Interesse an europäischen Fremdsprachen deutlich geringer ausgeprägt. Einer Studie der britischen Tageszeitung »The Guardian« zufolge, befinden sich Fremdsprachen besonders an Hochschulen in der Krise. Seit 1998 verzeichnen die Fakultäten für moderne Fremdsprachen wie Deutsch, Französisch, Spanisch oder Italienisch einen Rückgang von 40 Prozent. Immer mehr Institute stehen vor der Schließung. Gab es vor 15 Jahren noch 93 Hochschulen in Großbritannien, die das Studium dieser Sprachen als Abschluss angeboten haben, sind es heute nur noch 56. Die Zahl der Universitäten, die einen Abschluss in Deutsch anbieten, hätte sich sogar halbiert.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum einen ist es auf der Insel seit 2004 nicht mehr Pflicht, in einer Fremdsprache die GCSE-Abschlussprüfung zu machen, die mit der Mittleren Reife vergleichbar ist. Die Tatsache, dass es laut Statistik unwahrscheinlicher ist, in diesen Fächern eine gute Note zu erzielen, bewegt viele Schüler dazu, keine Fremdsprache zu erlernen. Inmitten der Wirtschaftskrise sehen zudem wirtschaftliche und naturwissenschaftliche Studiengänge einen Zuwachs - zu Lasten der Sprachen.

Seit 2007 haben elf Universitäten ihre Institute für Fremdsprachen komplett geschlossen. An weiteren 13 Universitäten können die Studenten keinen Abschluss mehr in einer Fremdsprache als Hauptfach machen, sondern nur noch in Verbindung mit anderen Fächern wie Physik oder Unternehmensleitung.

Manche fragen sich, ob das mangelnde Interesse an Fremdsprachen mit der Verbesserung von Übersetzungsprogrammen, die frei im Internet verfügbar sind, zusammenhängt. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Jugendliche, die nun an die Universitäten strömen, mit dem englisch geprägten Internet aufgewachsen sind und somit keinen Sinn mehr darin sehen, eine andere Sprache zu lernen. Das mangelnde Interesse an Fremdsprachen besorgt nicht nur das Bildungswesen. Laut der Vereinigung der Britischen Industrie hängt der wirtschaftliche Aufschwung am Export und somit der internationalen Zusammenarbeit. Fremdsprachen seien dabei ein wichtiges Mittel der Kooperation. Ein Rückgang der Fremdsprachenkenntnisse schade der Wirtschaft.

Der Grund, die Studiengänge zu schließen, ist dabei ein schlicht ökonomischer. Die Anzahl der Studenten pro Jahr sei zwar stabil, andere Fächer hätten aber mehr Zuwachs, so dass diese auch mehr Budget benötigten, heißt es in der Studie. Geld fehlt teureren Fremdsprachen ohnehin und nun rechnen sie sich gar nicht mehr. Die höheren Kosten liegen daran, dass etwa ein Professor für Geschichte von einem anderen vertreten werden könne, ein Professor für Italienisch aber nicht von einem, der Russisch lehrt. Somit ist die Aufrechterhaltung der Sprachinstitute um einiges kostspieliger.

Doch die Studie zeigt auch positive Entwicklungen. Zum Beispiel sei die Anzahl derer gestiegen, die eine Sprache als zusätzliches Modul zu ihrem Studiengang wählen. Auch über die universitäre Laufbahn hinaus seien Sprachkurse äußerst beliebt. Zudem wächst die Nachfrage nach Sprachen wie Chinesisch, Japanisch und Arabisch stetig.

Dennoch warnen Experten davor, Fremdsprachen an Hochschulen allein dem Wettbewerb mit anderen Fächern zu überlassen. Das Aussterben der Abschlüsse könne negative Auswirkungen auf den ganzen Hochschulbetrieb, sowie auf den Erfolg britischer Studenten im internationalen Wettbewerb haben. Um dem Trend entgegen zu wirken, hat der Rat für die Finanzierung von Hochschulbildung nun angekündigt, 3,1 Millionen Pfund (3,7 Millionen Euro) in den Erhalt der Fremdsprachen an Hochschulen zu investieren.