nd-aktuell.de / 15.02.2014 / Kultur / Seite 9

Wissen sie, was sie tun?

Die Sondervorführungen

Bei der Berlinale werden jedes Jahr Filme gezeigt, die weder an dem Rennen um die Auszeichnungen teilnehmen, noch dem Festivalprinzip des engagierten Films besonders eng verbunden sind. Die laufen dann in »Sondervorführungen«, »im Wettbewerb außer Konkurrenz«, bei »Special-Screenings« oder in anderen, notfalls neu zu schaffenden Kategorien. Das Motiv ist klar - eine Hand wäscht die andere: Die Promoter von Produktionen wie »Die Schöne und das Biest« hoffen, das politisch-humanistische Image der Berlinale möge auf den jeweiligen Film abfärben - auch wenn der diese Aufladung gar nicht verdient und das Label »Premiere bei der Berlinale« geradezu Etikettenschwindel bedeutet. Die Berlinale wiederum hofft auf die Bilder der über den Roten Teppich stöckelnden »Stars«, die über das Vehikel notfalls ungerechtfertigter Filme nach Berlin geschafft werden.

Durch die jährlich verstärkte Betonung des hohen (meist Hollywood-)Besuchs hat sich das Festival auch selbstverschuldet in eine unglückliche Position gebracht, in der es sich rechtfertigen muss, wenn George Clooney auch mal was anderes vorhat im Februar. Bei »Die Schöne und das Biest« fragt man sich zusätzlich, wozu man den »Glamour« einer Yvonne Catterfeld in der Hauptstadt benötigt.

Wenn aber Filme gezeigt werden, die gar nicht fertig sind, ist das besonders seltsam. Der Gast, der über diesen Trick nach Berlin gelotst wurde, rechtfertigt jedoch ausnahmsweise die rätselhafte Vorführungen eines »Work in Progress«: US-Regisseur Martin Scorsese präsentierte gestern die Fragmente seiner »Untitled New York Review of Books Documentary« über die führende intellektuelle Zeitschrift der USA. Leider darf darüber nicht berichtet werden. Später präsentierte Scorsese noch einen Klassiker, dessen Titel das Motto der Sondervorführungs-Planer sein könnte: »... denn sie wissen nicht, was sie tun«. tri