nd-aktuell.de / 26.02.2014 / Politik / Seite 1

Kampf um die Ämter in Kiew

Moskau und Brüssel besorgt über Extremisten / Klitschko kandidiert / Kabinett kommt später

Klaus Joachim Herrmann
Nach dem Macht- ist die Ukraine in den Kampf um die Ämter eingetreten. Die Regierungsbildung braucht länger als angekündigt. Für das Präsidentenamt meldeten sich Bewerber.

Die Regierungsbildung wurde am Dienstag vom ukrainischen Parlament auf Donnerstag verschoben. Gesucht werden Koalitionen und Personen. Dabei mischt ein »Vertrauenskreis des Maidan« kräftig mit. Die Forderungen des Protestcamps betreffen bei der Kabinettsbildung vor allem den Ausschluss der 100 reichsten Personen und jener, die seit 2010 unter dem gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch aktiv waren.

Demnach wäre der Oligarch Petro Poroschenko aus dem Rennen um den Kabinettsvorsitz. Der Fraktionsvorsitzende der Vaterlandspartei, Arseni Jazenjuk, festigte seine Favoritenstellung. Denn auch die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko winkte ab. Sie will ins Präsidentenamt. Dafür warf auch UDAR-Führer Vitali Klitschko seinen Hut in den Ring. Als scharfer Kritiker des Maidan und Mitglied der Partei der Regionen wäre laut der »Ukrainskaja Prawda« Michail Dobkin, Gouverneur des Gebiets Charkiw, eine Alternative.

Wie es in örtlichen Medien hieß, strebt Rechtsaußen Oleg Tjagnibok nach dem Amt eines Vizepremiers. Er dementierte am Abend. Erfreut hatte er im Parlament quittiert, dass über der Obersten Rada der fünfzackige Stern als Sowjetsymbol entfernt worden war. Auf seine Initiative ging die international zunehmend als Konfrontation kritisierte Abschaffung des Sprachengesetzes zurück. Danach kann Russisch auch regional nicht mehr Amtssprache sein.

»Tief besorgt« äußerte sich Russland über den Einfluss rechtsextremer Kräfte in der Ukraine. Außenminister Sergej Lawrow forderte bei einem Treffen mit seinem luxemburgischen Kollegen Jean Asselborn Dialog zur Versöhnung. Auch Asselborn zeigte sich besorgt wegen des Einflusses von Extremisten. Moskau und Brüssel müssten nun als »strategische Partner« handeln.

Ungehalten äußerte sich über die Einflussnahme des Westens in der Ukraine der letzte Staatschef der Sowjetunion, Michail Gorbatschow. Gegenüber dem russischen TV-Auslandssender »Russia Today« forderte er am Montag, die Menschen sollten ihr Schicksal selbst bestimmen dürfen.

Als Beitrag zur Lösung der Finanzprobleme des Landes regte Polens Außenminister Radoslaw Sikorski an, das Vermögen der ehemaligen ukrainischen Führung um den gestürzten Präsidenten zu beschlagnahmen.

Die Vizefraktionsvorsitzende der LINKEN Sahra Wagenknecht forderte dagegen allgemein die Vergesellschaftung der »aberwitzigen Vermögen der Oligarchen«. Damit könnte die Ukraine aus eigener Kraft notwendige Investitionen vornehmen. Bei einem Schuldenschnitt müsse das Land unterstützt werden.

Bevor es sich vertagte, rief das ukrainische Parlament den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag an. Er solle dem entmachteten Janukowitsch wegen »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« den Prozess machen. Sein Aufenthaltsort blieb unklar. Mit Agenturen