nd-aktuell.de / 28.02.2014 / Politik / Seite 7

SPD-Spitze bremst Länderkollegen

Generalsekretärin Fahimi distanziert sich von Initiative zur Doppelstaatsbürgerschaft

Aert van Riel
Drei von SPD und Grünen regierte Länder haben eine eigene Initiative zur doppelten Staatsbürgerschaft vorgelegt. Die Union reagierte verärgert, die Bundes-SPD versuchte zu beruhigen.

Bei ihren Plänen gegen die im Bund angestrebte Neuregelung zur doppelten Staatsbürgerschaft können die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein offenbar nicht auf die Unterstützung der Bundesspitze der Sozialdemokraten hoffen. Die drei von SPD und Grünen - im Norden unter Beteiligung der Minderheitenpartei SSW - regierten Länder wollen eine Initiative im Bundesrat einreichen, wonach in Deutschland geborene Migrantenkinder auch dann zwei Pässe besitzen dürfen, wenn sie im Ausland aufgewachsen sind. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte hingegen, dass die mit der Union vereinbarte Regelung ein wichtiger Meilenstein in der Integrationspolitik sei. »Die Grundlage dazu für die Bundesebene ist der Koalitionsvertrag.« Mit diesem Statement wollte Fahimi wohl einige konservative Politiker beruhigen. Zuvor hatte etwa CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der SPD wegen der Initiative aus den Ländern vorgeworfen, den Koalitionsvertrag mit der Union brechen zu wollen.

Bisher müssen sich Nicht-EU-Ausländer nach ihrem 18. Geburtstag bis zum 23. Lebensjahr für die deutsche Staatsangehörigkeit oder die der Eltern entscheiden. Wenn sie sich nicht festlegen, geht der deutsche Pass automatisch verloren. Dies betrifft vor allem Nachkommen von Einwanderern aus der Türkei. Im Bundestagswahlkampf hatte die SPD noch vollmundig angekündigt, die Optionspflicht abschaffen zu wollen. Es werde keinen Koalitionsvertrag geben, der nicht die doppelte Staatsbürgerschaft vorsehe, hieß es. Doch nach der Wahl hatten sich die Genossen dann mit der Union lediglich darauf geeinigt, die bisherige Regelung aufzuweichen. Im Koalitionsvertrag steht, dass Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren sind, auch hier aufgewachsen sein müssen, um die doppelte Staatsbürgerschaft zu erhalten. Anfang dieses Monats hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine entsprechende Gesetzesinitiative vorgelegt. Dabei nutzte der CDU-Politiker die Formulierungen im Koalitionsvertrag, um Menschen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft anstreben, Steine in den Weg zu legen. Nach dem Willen von de Maizière müssen die Betroffenen durch einen deutschen Schulabschluss oder eine Meldebescheinigung nachweisen, dass sie ihre Kindheit und Jugend in der Bundesrepublik verbracht haben.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoguz und Fraktionsvize Eva Högl hatten dies kritisiert und auf einen »hohen bürokratischen Aufwand« für die Betroffenen hingewiesen. Zudem ist nicht ersichtlich, warum der Nachweis eines Schulabschlusses ein Beleg dafür sein soll, in Deutschland aufgewachsen zu sein. So beendeten im Abgangsjahr 2010 etwa 53 100 Schüler ihre Schullaufbahn ohne einen Hauptschulabschluss.

Die Initiative aus den Ländern dürfte nun vor allem dazu dienen, Druck auf die Union im Bund auszuüben, den Gesetzentwurf noch einmal zu überarbeiten. Außerdem ist es für die SPD wichtig, dass sie trotz ihrer Rolle als Juniorpartner in der Großen Koalition weiter als eigenständige politische Kraft wahrgenommen wird. Auch die Interessen der Länder, die keineswegs aus reiner Menschenfreundlichkeit handeln, spielen eine Rolle. So sagte Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) der »Welt«, die Optionsregelung solle auch vollständig abgeschafft werden, um »die Verwaltung von dem rechtlich komplizierten und aufwendigen Verfahren zu entlasten«.

Dass die Initiative der drei Länder, die ohnehin noch im Bundesrat beschlossen werden müsste, im Bundestag zur Abstimmung gestellt wird, ist eher unwahrscheinlich. Denn dies würde die Abgeordneten der SPD in die missliche Lage bringen, entweder die Parteikollegen in den Ländern oder den großen Koalitionspartner in Berlin, also die Union, zu verärgern. Ein solches Szenario liegt nicht im Interesse der Parteispitzen von Christ- und Sozialdemokraten. Sie wollen die Meinungsverschiedenheiten bei der doppelten Staatsbürgerschaft offenbar lieber intern klären als auf offener Bühne.