Zurück zum G9

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Trend geht zum G9. Die 13-jährige Schulbildung soll den Leistungsdruck verringern, dem die Kinder und Jugendlichen ausgesetzt sind, argumentieren die Befürworter des G9. Damit verschärft sich die Konkurrenz zwischen Gymnasien und der zweiten Säule weiterbildender Schulen, den Sekundarschulen. Bislang war für diese die 13-jährige Schullaufbahn ein Alleinstellungsmerkmal. Und das schnelle kognitive Lernen galt als das Hauptargument für den Erhalt des Gymnasiums. Zukünftig wird die Wahl noch schwieriger und vor allem absurder. Es bleibt eine Frage der Zeit, wann eine Schule für alle flächendeckend eingeführt wird. Bis dahin, werden wir wohl noch einigen Kuriositäten begegnen.

So postet sueddeutsche.de, dass Niedersachsen als erstes Bundesland zum G9 zurückkehren will. Das G8 sei mit »zu viel Stoff, zu viel Stress, zu wenig Zeit zur fachlichen und persönlichen Entwicklung« verbunden. »Selbst nach diversen Nachbesserungsarbeiten an der wichtigsten schulpolitischen Reform der jüngeren Vergangenheit stellen viele Schüler und Eltern, aber auch Lehrer dem achtjährigen Gymnasium, ein schlechtes Zeugnis aus.« jagger sieht hierin einen »tollen Aktionismus, der Deutschland Millionen von Euro gekostet und nichts, aber auch gar nichts gebracht hat! - außer Wut auf diese depperten, unfähigen, selbstzufriedenen Parteienpolitiker!« Und Thomas4321 bemerkt ironisch: »Ich bin für eine schrittweise Reduzierung des G8 auf zunächst G7, dann G6, dann G5. Erstens fördert dies die Wettbewerbsfähigkeit unserer Abiturienten auf dem globalem Markt - wir sind dann endlich koreanischen und chinesischen Kindern um zwei Altersstufen voraus - und zweitens: Je schneller man diese Art von Gymnasium hinter sich hat, umso besser.«

spiegel.de hat Bedenken. »Die Abkehr vom Turbo-Abitur ist politisch verständlich, weil in Umfragen rund drei Viertel der Eltern für eine längere Gymnasialzeit sind. Kein Ministerpräsident will durch protestierende Eltern eine Landtagswahl verlieren (…) Doch dass die Bundesländer nun auf breiter Front dem Willen der Wähler nachgeben, hat einen hohen Preis: Der Anspruch auf einigermaßen einheitliche, vergleichbare Gymnasialstrukturen in den Bundesländern ist auf Jahre passé. Die Schullandkarte der Bundesrepublik wird mehr denn je zum Flickenteppich.« Dem widerspricht extron vehement: »Ja auch ich bin ein G8 Vater der sich für sein Kind das G9 gewünscht hätte. Mein Kind macht nun nächstes Jahr das Abitur. Die in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen hätte ich gerne unserem Kind und uns erspart. Ein zurück zum G9 lässt unsere Kinder endlich wieder Raum zum Kind sein und zum vertiefenden lernen. Wer sagt es Ihnen denn, dass die Rückkehr zum G9 nicht ohne Änderungen abläuft?«

Auch gog_magog meint: »Die Rückkehr zum G9 kann nur positiv sein, denn das G8 war in dieser Form ein katastrophaler Fehler, der die Studienanfänger in diesem Land ins Mittelalter zurück gebombt hat. Fakt ist, dass der Großteil der G8-Abiturienten nicht geeignet ist, an einer deutschen Uni ein Studium aufzunehmen. Alle Unis in Deutschland haben das 13. Schuljahr in Form von Vor-, Brücken- und Nachholkursen längst wieder eingeführt und geben dafür Milliarden von Euro aus - viel mehr, als sämtliche G9-Lehrer jemals gekostet hätten.«

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