nd-aktuell.de / 04.03.2014 / Brandenburg / Seite 12

Woidke will kein Sachse sein

Erste brandenburgische Landesausstellung in Doberlug eröffnet in knapp 100 Tagen

Wilfried Neiße
Dem Verhältnis von Brandenburg und Sachsen widmet sich eine Ausstellung in Schloss Doberlug. Kurator Kurt Winkler würde sich über 100 000 Besucher freuen.

Zwei hartgesottene, vom Pulverdampf geschwärzte Soldaten der Barockzeit begegnen sich in der Schlacht, fallen sich um den Hals und küssen sich ganz inniglich. So endet der Werbefilm für die erste brandenburgische Landesausstellung, die vom 7. Juni bis zum 2. November nach Schloss Doberlug-Kirchhain im Kreis Elbe-Elster einlädt. Ausgedacht und produziert wurde das Filmchen in der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf«.

Es handle sich bei dem Streifen um eine »sehr fantasievolle, freie Zuspitzung« des Mottos der Ausstellung, sagte gestern Hochschulpräsidentin Susanne Stürmer, als das Projekt Landesausstellung in der Potsdamer Staatskanzlei präsentiert wurde. »Preußen und Sachsen - Szenen einer Nachbarschaft« oder auch »Wo Preußen Sachsen küsst« heißt die Schau in Südbrandenburg.

»Ich bin noch sprachlos«, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), nachdem der Werbefilm abgespult war. Daraufhin entspann sich eine Darlegung geschichtlicher Eigentümlichkeiten zwischen Brandenburg und Sachsen, die den Hintergrund der Ausstellung bilden. Denn der Süden Brandenburgs war bis Anfang des 19. Jahrhunderts der Norden Sachsens, was bis heute in der Mentalität und in der politischen Orientierung zum Ausdruck kommt.

Iris Berndt - sie ist Mitautorin des Reiseführers »Sächsisches Brandenburg: Eine Spurensuche« - betonte, bei ihren Recherchen sei sie in der Lausitz immer wieder auf Menschen gestoßen, die lieber zu Sachsen als zu Brandenburg gehören wollten. »Die Grenze verläuft im Großen und Ganzen auf der richtigen Linie«, beteuerte Ministerpräsident Woidke. Die Menschen im Süden fühlen sich ihm zufolge nicht in erster Linie als Brandenburger oder Sachsen fühlen, sondern als Lausitzer. Da er selbst aus Forst stamme, sagte Woidke, sei er in der Kindheit auf die sächsischen Wurzeln seiner Heimat gestoßen. Denn der legendäre Graf Brühl, Finanzminister des Sachsenkönigs August des Starken, sei in der Stadtkirche von Forst bestattet worden. Die Lage im Grenzgebiet habe das Leben auf beiden Seiten mannigfaltig bestimmt. So sei die Biersteuer in Preußen immer höher gewesen als in Sachsen, was die Grenzanwohner zu einer Art Sauftourismus veranlasst habe.

Weil der Ministerpräsident so für Sachsen schwärmte, musste er sich fragen lassen, ob er selbst lieber Sachse wäre. »Da haben Sie etwas völlig Falsches herausgehört«, lautete die beinahe überstürzte Antwort.

Die Landesausstellung kostet, inbegriffen Sanierungsarbeiten an Schloss und Klosterkirche Doberlug, 16 Millionen Euro, erläuterte Kulturministerin Sabine Kunst (für SPD). Das Schloss sei nicht wiederzuerkennen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es als Kaserne der NVA und als Reparaturstützpunkt für Waffen und Geräte genutzt. »Ich glaube mich zu erinnern, dass dort auch eine Unteroffiziersschule war«, fügte Woidke hinzu. Kurator Kurt Winkler merkte noch an, dass Schauspieler Manfred Krug in dieser Kaserne seinen Wehrdienst abgeleistet habe.

Laut Kulturministerin informiert die Ausstellung auch über die Rivalität beider Mächte. Im Zuge des Wiener Kongresses 1815 musste Sachsen, dass in den antinapoleonischen Befreiungskriegen auf der Seite Frankreichs gestanden hatte, zwei Drittel seines Territoriums an Preußen abtreten. Damit war Sachsen keine europäische Großmacht mehr.

Woidke ergänzte: Nicht nur in der Vergangenheit, auch heute laufen die Beziehungen zwischen Brandenburg und Sachsen nicht in jedem Falle auf Küsse hinaus. Dabei spielte er an auf Differenzen beim Umgangs mit der braun verfärbten Spree. Sachsens diesbezügliche Unzugänglichkeit habe »für Irritationen gesorgt«. Doch habe er einen guten Draht zum Ministerpräsidenten Stanislaus Tillich, bemerkte Woidke. Nicht zuletzt, »weil wir beide Lausitzer sind«, unterstrich der Regierungschef. »Er stammt aus der Oberlausitz, ich aus der Niederlausitz.« Kulturministerin Kunst erklärte, auf kulturellem Gebiet sei die Zusammenarbeit heutzutage gut. Die Universität Leipzig bilde Sorbischlehrer auch für sorbische Schulen in Brandenburg aus.

Das abgebildete Ölgemälde, geschaffen von Johann Fincke um 1660, zeigt die Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen und Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Das 163 mal 133 Zentimeter große Werk befindet sich im Besitz der Staatliche Kunstsammlungen Dresden.