nd-aktuell.de / 05.03.2014 / Politik / Seite 1

Kontaktgruppe statt Truppenmanöver

Putin versichert: Bisher kein Einsatz der Streitkräfte gegen Ukraine / Gazprom treibt Schulden ein

Klaus Joachim Herrmann
Russlands Oberbefehlshaber Putin holte am Dienstag seine Manövertruppen zurück und zeigte sich offen für eine »Kontaktgruppe« zum Dialog.

Russlands Oberbefehlshaber Wladimir Putin befahl am Dienstag seine Manövertruppen zurück in die Stützpunkte und erteilte einem Einsatz der Streitkräfte im Konflikt mit der Ukraine eine Absage. Bisher gebe es keine solche Notwendigkeit. »Russland hat keine Absicht, Krieg gegen das ukrainische Volk zu führen.«

Offen zeigte sich Präsident Putin in einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz für den deutschen Vorschlag einer internationalen Kontaktgruppe. »Im Prinzip ist das möglich«, sagte Putin. Außenminister Sergej Lawrow sei dazu im Gespräch insbesondere mit seinem deutschen Kollegen Frank-Walter Steinmeier. Der warnte in der Ukraine-Krise vor Überreaktionen. Er »hoffe sehr, dass sich jeder seiner Verantwortung bewusst ist«. Derweil will die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) eine militärische Beobachtermission in die Ukraine entsenden.

Für Beruhigung an den Finanzmärkten sorgte die Feststellung Putins, es sei keine Annexion der zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim beabsichtigt. Sie steht nach Ansicht von Beobachtern allerdings völlig unter operativer russischer Kontrolle.

In Kiew machte Übergangspremier Arseni Jazenjuk erneut Viktor Janukowitsch für den Bruch des Abkommens mit der Opposition verantwortlich. Er informierte darüber, dass das Sprachengesetz weiter in Kraft sei und derzeit lediglich überarbeitet werde. Insbesondere die Abschaffung der Möglichkeit, Russisch zur zweiten Amtssprache zu erklären, hatte im Süden und Osten der Ukraine starke Proteste ausgelöst.

Gegenüber Kiew machte Russland am selben Tag Außenstände geltend. Die Ukraine könne ihre Februarrechnung für Gas nicht zahlen und stehe mit exakt 1,529 Milliarden US-Dollar in der Kreide, sagte der Chef des russischen Gasmonopolisten Gazprom, Alexej Miller. Der zuletzt gewährte 30-Prozent-Rabatt falle deshalb weg. So muss die Ukraine von April an wieder 400 Dollar statt 268,5 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas zahlen. Washington kündigte eine Milliarde US-Dollar (726 Millionen Euro) Kredithilfen für die Energieversorgung an. Die aktuellen Zahlungsverpflichtungen der Ukraine sollen sich auf mehr als 130 Milliarden US-Dollar belaufen.

In einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates hatte am Vorabend der russische UNO-Botschafter Vitali Tschurkin das Vorgehen Moskaus gegenüber der Ukraine mit einem Hilfeersuchen des Präsidenten Viktor Janukowitsch vom 1. März begründet. Tschurkin präsentierte die Fotokopie einer schriftlichen Bitte um den Einsatz russischer Streitkräfte. Wie der Botschafter weiterhin informierte, dürfe Russland vertragsgemäß 25 000 Mann auf der Krim stationieren.

Die ukrainischen Städte Cherson, Nikolajew und Odessa wollen sich der Krim anschließen. Darüber informierte die Agentur RIA/Novosti. Mit Agenturen

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